Saturday 11 April 2020

The week that was



Wochenende, Arbeit...inzwischen sind wir ja auch Post/Paketboten und liefern Einkäufe an die Tür. Da war eine Doppellieferung eines Supermarktes dabei, ein monatlicher Einkauf - jede Menge Tüten, da bei der vorherigen Zustellung die Hälfte fehlte, die nun mitgeliefert wurde. Ich mußte unseren Trolley für die Essenslieferungen zweckentfremden. Als alles in ihrer Küche untergebracht war (und 2m Abstand eingehalten), verabschiedete die Bewohnerin mich mit den Worten: "You really are quite wonderful, but you know that already, don't you?" 
Sie ist eine derjenigen, die es mit Humor trägt, weil es sich ja nicht ändern läßt, obwohl sie gerade erst einen Anfall von Crohns kombiniert mit Arthritis durchzustehen hatte. Andere tun sich da schwerer. 
Witzig finde ich die Ausreden, mit denen einer der Herren (93) unsere Regeln unterlaufen möchte - witzig deshalb, weil er glaubt daß er plausibel klingt. Am Sonntag sah er mich nicht im Büro - ich war hinter dem Gebäude, unsere 10 vollen Mülltonnen (jede 240l) rausstellen, da ich ja eine "doppelte" Schicht arbeitete.
Er kam einer Bewohnerin (84) hinterhergerannt nachdem er sie an seinem Fenster vorbeigehen sah, die er vor Corona täglich moralisch genötigt hat, Zeit mit ihm zu verbringen - er weiß genau, daß sie nur einzeln rausdürfen weil sie sich sonst im Garten zum Klönen versammeln, ohne Abstand zu halten. Und dann tauchte ich plötzlich vor ihm auf und stoppte ihn am Gartentor. Aber er habe sich doch die Hände gewaschen...oh, das habe er wohl falsch verstanden. 
So wie gestern, vorgestern und letzte Woche. :D Wenn er mich morgens in seiner Eile nicht bemerkt hat, versucht er mittags eine zweite Runde zu ergaunern, weil er das regelmäßig "falsch versteht".






Montagmorgen begann mit einem Zoom-Meeting mit dem Senior Management Team und der neuen CEO - wir nannten es das Corona-Employee-Forum. 
Das war das erste Mal daß wir unsere neue CEO zu Gesicht bekamen. Sie war 20 Jahre im NHS Direktorin diverser Abteilungen und ihre letzten 10 Jahre hauptberuflich mit "Incident-Managment" und - wer hätte es gedacht?! - "Pandemie-Planung" beschäftigt! Seit dem 6. März hat das Tactical Team täglich solide an der Planung gearbeitet, £50.000.- in Schutzkleidung gebunkert und nun rollen sie das schottlandweit aus. Sie bestätigte ihren "Backup-Plan", falls unsere Personaldecke unter 50 - 60% fallen sollte: Die Einrichtungen ohne Essensservice würden geschlossen und das Personal abgezogen. Wir seien ein "mission critical service", den sie auf jeden Fall offenhalten werden. Wir waren in dem Moment bei 62.5%, als Kollegin 2 wieder arbeiten kam stieg es auf 75%. Und wie "mission critical" wir sind können wir daran verfolgen, daß unser temporärer neuer Housing Officer die Nächte und Wochenenden durcharbeitet um sich einzuarbeiten.
Den Dienstag verbrachte ich online und am Telefon auf der Jagd nach Tests für die Kollegen - von Pontius zu Pilatus! Die letzte Dame schlug vor, daß ich mich an meinen "line-manager" wenden solle und den/die fragen - ich habe bereits meine CEO gefragt, höher kann ich nicht mehr gehen! Von einer Telefon-Helpline zur anderen und Keiner weiß was Sache ist. Die Telefonnummer, die vom obersten Boss angeraten wurde, hängt schlichtweg auf. 
Wir bekamen auch eine erste fotografische Ansicht unserer Masken. Kein Wunder daß sie sagte, wir sollten nicht erschrecken, die sähen besorgniserregend aus. Furchteinflößend, was unsere Oldies betrifft! 
Künftig könnten wir dann als Darth Vader die Schlangen im Supermarkt teilen, weil die instinktiv denken: "Wtf is she dealing with?!"



Boris schrieb uns "Letters from the Sickbed", etwa 8 Wochen zu spät und nun selber in der ICU.

Mittwoch, "Pausentag" daheim und ich hatte Wäscheberge und andere Kleinigkeiten, die sich die Woche lang für mich ansammeln...das Tochterkind erledigt mittlerweile ihre eigene und nimmt mir das ein oder andere ab, glücklicherweise. Der Mann wäscht auch ab und zu selbst, aber der Junge schafft gerade mal Rührei oder Spiegelei zur Selbstversorgung. Wobei er auch wieder in seinen alten Rhythmus verfallen ist: Tagsüber schlafen, Nachts wach, das war schon in der Gebärmutter so. Da sind die Nachbarn dankbar, wenn er nicht anderweitig tätig wird.
Das doppelte Arbeitspensum machte sich bemerkbar, ich schlief selbst den ganzen Nachmittag, ich war dafür nach Mitternacht im Garten, allein mit der Kamera, dem 75 - 300mm Objektiv und dem Supermond. Die midges versammeln sich bereits, da es sonnig war die letzten Tage und relativ mild.
Mit all der Selbstisolierung und dem travel ban werden sie in der great Scottish countryside nicht mehr fündig und müssen ihr Beuteschema ändern...wir warten ab wann die Highland-Schwärme in den Gärten einfallen. :D
Beim Hochladen der Fotos manifestierte sich dann auch noch ein Problem mit Google Photos, das ich erstmal austüfteln muß nachdem ich die Fotos alle auf einem externen Harddrive gesichert habe, der postwendend online bestellt wurde da offiziell "not essential" (die haben keine Ahnung, wie "essential" der ist!!!). 
Hab ja sonst nichts zu tun. 





Ich verbrachte den Abend von Gründonnerstag damit, mich mit Google anzulegen - result: Alle Fotos seit 2005 habe ich nun wieder. Die bisher nicht extern gespeicherten 8.000 neuen werden gesichert sobald der Harddrive geliefert wird. 
Karfreitag, Arbeit. Sorry, so geht das hier weiter für wer-weiß-wie-lange. Die Oldies verabschieden mich dieser Tage mit "Paß auf Dich auf, bleib gesund - wir brauchen Dich hier!" Andere geben nun Bestellungen auf, da wir jetzt auch einkaufen gehen für sie wenn sie niemand anderen haben. Das schob ich nach Schichtende ein und dabei sah ich erstmals einen Polizisten durch den Laden streifen, der sich die Situation genau ansah. Und ich traf die erste Verkäuferin, die sich bei mir bedankte weil ich kontaktlos mit der Bankkarte bezahlte. 
Inzwischen ist in der Arbeit alles an Schutz eingetroffen, was man sich nur vorstellen kann - die Gesamtausrüstung: Hazmatsuit mit Kapuze, Schutzgesichtsmaske, Schutzbrille und Visor, langärmelige Hemden, Plastikschürzen, Handschuhe und Booties zum über die Schuhe ziehen. Fehlt nur noch eine Gasmaske.
In der freien Wildbahn bleibe ich lieber bei den für uns genähten Masken...die sind harmlos im Gesamtbild und wiederverwendbar.
Kurz nach Mitternacht hatten wir dann wieder Besuch an der Tür auf der Suche nach K. Dieses Mal kreiste der Suchhubschrauber über den Dächern.





Heute setze ich mich erstmal an den Kaffeetisch in Berlin, bevor ich mich wieder in die Wildnis wage...

2 comments:

  1. Für die betagten Menschen ist das wirklich hart, die letzte Zeit so eingesperrt zu verbringen...
    Halte Durch und bleib gesund!
    Liebe Grüße
    Andrea

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  2. Frohe Ostern...

    ...bleibt gesund, sonnige Grüße von Heidrun

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