Saturday 25 April 2020

The week that was

Essenslieferung an die Schwiegermutter, ich blieb im Auto zu ihrem Schutz und
dem meiner Oldies

Der Lockdown dauert weitere drei Wochen bis Anfang Mai - und man munkelt von Ende Juni, aber das wäre zu niederschmetternd als Zeitraum für die Bevölkerung, deshalb häppchenweise. Würde mich nicht wundern wenn die schottische Regierung das im Auge hätte, das sind die 12 Wochen, die Gefährdete ohnehin selbst-isolieren sollten. Wir sehen einige überraschende Wandlungen in einigen unserer kritischsten Oldies, die sonst nicht zufriedenzustellen sind. Die Botschaft auf dem Zettel unten schrieb eine Dame, der in normalen Zeiten nichts rechtzumachen ist. Dieser Tage sehen wir konstant etwas, das absoluten Seltenheitswert hatte: Sie lächelt. Dauernd. Sie klagt nicht über das Essen, wie sonst bei fast jeder Mahlzeit, sie klagt nicht über die Isolierung wo sie sonst jeden Tag shoppen ging, sie trägt es stoisch und mit einem Lächeln. 
Da zeigt sich, was dieser Virus zutage bringt - das Beste wie in ihrem Fall, oder das Gegenteil wie in manch anderen Menschen. Einer anderen kritischen Dame mußten wir verdeutlichen, warum sie nicht "service as usual" bekommt. Sie hat gerne eine Extrawurst was das Essen betrifft, und in diesem Fall beschwerte sie sich daß der Fisch am Freitag immer kleiner würde. Red rag to a bull, was Julz betrifft, deren Partner sein Geld mit Hochseefischen verdiente - das liege daran daß keine Boote im Wasser seien, ihr Mann sei ein Fischer und sitze daheim. Das nennt sich "short shrift". Extra für sie kam das Menü für nächste Woche mit einem weiteren Brief, der die Lieferschwierigkeiten unserer Lieferanten erläuterte, denn denen geht es genauso wie Otto Normalverbraucher wenn was nicht vorrätig ist in ihren Warenhäusern.
Und mitten im Skandal über nicht vorhandenen Schutz für Krankenhäuser und Pfleger in England landete eine Chartermaschine aus China in Prestwick mit u.a. 10 Millionen Atemschutzmasken für schottische Krankenhäuser und Pfleger. Kein Wunder daß sich die First Ministerin und ihre Kohorten in der täglichen Pressekonferenz nicht zu Kommentaren verleiten ließen - die Bilder sprachen Bände, die wurden selbst von englischen Kanälen gezeigt, die sonst Schottland totschweigen. Der Kontrast war einfach zu krass - Matt Hancock schwindelte sich jeden Tag durch die Konferenz mit fadenscheinigen Versicherungen, während Schottland ohne Aufhebens tätig wurde. Hancock ist mittlerweile so unglaubwürdig, daß irgendwelche andere Minister die halten müssen. 



Am Sonntag war das hier aktuell, ich versuchte eine Telefonnummer zu finden für Freiwillige, die einsame Selbstisolierer anrufen und mit ihnen ein Schwätzchen halten. Auf Nachfrage einer Bewohnerin. Praktischerweise hatte meine hocheffiziente Kollegin 2 die Kontaktdetails auf einem Briefumschlag weggeworfen...also nochmal von vorne. Damit beschäftigte ich mich am Montag weiter, weil am Wochenende natürlich niemand erreichbar war.
Wir betreuen nun eine unserer Bewohnerinnen mehr als sonst, da mit ihrer Demenz dieser Bruch mit der täglichen Routine zur Folge hätte, daß sie u.a. zu essen vergißt. Demenzpatienten bauen dann schneller ab als sie es sonst täten. Deshalb reichen wir ihr ihr Essen auf einem Tablett und drücken ihr Messer und Gabel in die Hand - und kontrollieren den Abfall...einen anderen Herren haben wir ebenfalls im Auge, dem ab und an das Essen ausgeht das seine Familie liefert, dann kommen die Pfleger zu uns und wir bringen ihm ein Mittagessen und Brot und Milch. Erstaunlich was alles nicht mehr funktioniert sobald es etwas schwieriger wird - der Pfleger nahm kein Blatt vor den Mund als er den Sohn anrief, der selbst-isoliert wegen seiner Leukämiekranken Enkelin (verständlich), daß er deshalb nicht seinen Vater hungern lassen könne. Zum Glück hat sein Vater ein Auffangnetz...und zur Not gibt es zwei Organisationen, die ihm Essenspakete liefern könnten, aber das müßte eben jemand organisieren der genügend Interesse hat...
Life in the Time of Corona.
Am Montag löste sich dann auch eine winzige Füllung aus einem Zahn - oh Freude! Gerade jetzt, wo die Zahnärzte drei Wochen zu sind, Minimum. Das konnte gar nicht anders sein, oder? Also war ich munter auf der Suche nach einem Kit zur temporären Füllung und fand noch etwas, das nun sein Gewicht in Gold wert und überall ausverkauft ist...den Kiefermuskeln auf der rechten Seite steht ein 3-Wochen-Workout bevor!  Solange es nicht wehtut ist mir das an sich egal, nur den Zahn abbrechen sollte ich besser nicht.
Ganz im Sinne von #bleibdaheim habe ich im letzten Sonnenschein des Tages die Tomaten umgetopft, weil die nun kräftig wachsen. Die Katze schnüffelte ewig an ihnen, nachdem sie vom Eß- zum Wohnzimmerfenstersims gewechselt hatten (mehr Platz, auch nach obenhin). Als nächstes sind die Chillis dran, und Paprikasamen muß ich auch noch aussäen. 

"In der Krise beweist sich der Charakter."  Helmut Schmidt


Dienstag, sonnig, 14 Grad. Der Mann war in unserer "Stammapotheke" und Amir, der Apotheker, hatte mir ein Dental-Kit reserviert. Nach der Kunst des Haareschneidens (mit der Schere immer nach oben schneiden! :D Da kam die Haarschere gerade recht, die ich schon vor Jahren gekauft hatte) vertiefte ich mich demnach als nächstes in die Kunst der Zahnfüllung...am Ende dieser Corontäne sind wir hier vermutlich autark.  
Amir versprach mir auch meine Epipens für den Mittwoch: Das geht dieser Tage fast schon als "Balzritual" durch...:D "Ooooohh matron - toofypegs aand epipens?"
Oooh matron!

*räusper*
Mittwoch, sonnig, 15 Grad. In der Arbeit organisierte jemand die Lieferung eines Essenspaketes, die genügend Interesse hatte (:D), und der Herr war sehr dankbar. So wie drei andere Bewohner auch. Zwischendurch brach kurz Mal unser Notfallsystem zusammen und ich hatte mit zig Leuten zu telefonieren, aber der Ingenieur schaltete sich wieder remote in unser System und nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei. Woran das lag weiß wohl nur er. Eigenartig. Nach Feierabend löste sich auch ein anderes Problem - letzte Woche funktionierte das Linky-tool auf Andreas blog nicht für mich, ich sah weder die verlinkten Beiträge anderer Teilnehmer noch konnte ich meinen verlinken. Dasselbe passierte am Dienstag mit Bettys link up in Neuseeland. Blogger wußte nichtmal mit meiner Frage etwas anzufangen auf seinen Hilfsforen, das Internet hatte keine Antwort - was tun?
Frau kennt da keinerlei Scham: Ich emailte den Mann in Amerika, der das Linky-tool entwickelt hat und fragte ihn...und er hat das von seiner Seite aus behoben. 
Thank you Brent.




Donnerstag, sonnig, 15 Grad. Wäsche rausgehängt, Maske gewaschen und in Dettol eingelegt, Winterjacken und ~mäntel weggeräumt, Eßtisch freigelegt für die Nähmaschine und ein "Großprojekt" durchgeplant: Jeans flicken, festnähen und schwarz nachfärben nach dem Motto "make do and mend". Weil ich keine Lust habe, nun online welche zu bestellen. Bis zum Ende der Corontäne müssen die alten nicht gar soviele Strapazen aushalten, da wollen wir doch mal sehen wie lange ich die am Stück erhalten kann...:D
An diesem Tag war ich fotografieren, da sich um die Sonne ein "sun-halo" zeigte, ein "Heiligenschein". Ich kann nun nicht direkt in die Sonne fotografieren, deshalb habe ich nur Teile davon abgelichtet statt des ganzen Kreises, aber der ganze Halo war sichtbar. Der Mann fiel fast aus seinen Schuhen :D Nein, das war nicht seine Einbildung...
Das Tochterkind und er machten sich nützlich und putzten die Fenster im oberen Stockwerk mit dem Squeegee (technische Bezeichnung) mit dem Teleskopgriff. Ich werde sie doch noch domestizieren, wenn der Lockdown länger dauert! Ich war derweil Antihistamin besorgen für das Tochterkind und mich, so wie Mutter Natur hier sprießt holt uns der Heuschnupfen über Nacht ein! Alles ist früher dran als sonst, es grünt und blüht und ohne die typisch "manikürten" Rasenflächen der Briten, die sie in Wimbledon am Rand entlang mit der Nagelschere schneiden, gedeihen allerlei Wildblumen die wir sonst nicht zu Gesicht bekämen. Neben der "viral load" müssen wir uns dieses Jahr vor der "Pollenload" in Acht nehmen. Strömende Augen und Nase und Dauerniesen kommt zur Zeit nicht so gut an bei den lieben Mitmenschen, ich frage mich warum...
Freitag, sonnig, 17,3 Grad. Das ist hier bereits Sommer...dazu paßte der Surfer-Dude den ich sah, mit seinen beigen kurzen Hosen, rotem Hawaii Shirt, Flipflops (Badelatschen), schulterlangem sonnengebleichtem Haar, Sonnenbrille, Sonnenbräune des Farbtons "Wildleder" und der passenden Bohemian-blonden Sylphe im Schlepptau...sieht man normalerweise nur in Kalifornien oder Hawaii, nicht im Supermarkt zwischen Nudeln und Dosensuppe! Sollte der nicht Zutaten für vegane Buddha-Bowls kaufen? Angesichts der Sonnenbräune fragte ich mich ob er ein Planschbecken im Garten hat, aber vielleicht ist er ja aus dem Millionärsdorf nebenan, in dem die Fußballer wohnen solange sie in Glasgow spielen, dann hätte er wohl einen eigenen Pool. Der bewilderte Gesichtsausdruck würde das befürworten, scheinbar kauft mann sonst nicht mit den Normalsterblichen ein, eine neue Lebenserfahrung für ihn. 
Lockdown can be so much "fun"!
In der Arbeit durften die Oldies erstmals zur selben Zeit in den Garten, Gartenstühle und ~bänke sorgfältig 2m auf Abstand gehalten. Inzwischen haben es auch die verstanden, die am Anfang sofort Grüppchen bildeten zum Klönen: Nun tun sie's auf Distanz.



Ich mußte den Fokus manuell auf äußerst diffus runterschrauben, damit der Halo sichtbar wurde. 
Und den Spiegel sollte ich scheinbar auch putzen...oder ist es das Objektiv?




Heute soll's noch viel wärmer werden, wir sind gespannt. da treffen wir uns vielleicht eher zum Eiskaffee in Berlin...nun da's wieder geht. :D

1 comment:

  1. Allmählich bekommt man Routine. Aber du hast Recht - manche Leute zeigen nun ihr wahres Gesicht, was immer mal wieder für Überraschung sorgt.
    Bleib gesund.
    Liebe Grüße
    Andrea

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