Saturday 18 April 2020

The week that was

Das in-die-Wildnis-wagen begann mit einer Einkaufsliste der Schwiegermutter, die sie uns durchtelefonierte. Und einem weiteren Anruf, da natürlich genau an einem Osterwochenende das Internet in der Arbeit ausfiel, wenn niemand in den Büros ist oder daheim erreichbar im homeoffice. Das timing ist jedes Mal perfekt! Im "papierlosen Büro" klappt es nicht sonderlich gut ohne Internet. 
Arbeit haben wir trotzdem genügend und erst wenn das ganze Gebäude nach Desinfektionsmittel riecht beginnen wir mit dem regulären Pensum.
Ostersonntag war ich gar fast 40 Minuten früher dort, damit ich all das vor dem Schichtbeginn aus dem Weg hatte. Schließlich ist der Osterhase ein essential keyworker  ;)
Buchstäblich.






Ostermontag war ich daheim und faul, immerhin hatte ich Doppelpensum hinter mir. Und trotzdem Wäsche gewaschen und all das, weil das sonst noch eine Woche liegt. Da hilft auch der Osterhase nicht dabei. Wobei der Herr scheinbar schon etwas vom Himmel warf, nachdem der Junge darum bat in die hohe Kunst der Waschmaschinenbedienung eingeweiht zu werden...vielleicht hatte er auch einfach nichts mehr anzuziehen. :D
Ich habe Fotos zu Ende bearbeitet und mich einmal quergelesen durch all die homeoffice-Tragödien. 
Sorry, aber wenn ich mir da die Alternative ansehe - könnte auch recht besch..eiden aussehen mit elend viel Arbeit und ständiger Ansteckungsgefahr! Wie es in den Intensivstationen aussieht hat doch wohl jede/r gesehen: Das wäre die Alternative. 
Nein Danke.
Es kann ja nicht jede/r so eine wundersame Genesung erleben wie de Pfeffel. Viele Menschen bezweifeln ernsthaft daß er wirklich krank war, so ist das wenn mann lügt sobald mann den Mund aufmacht. Die Tatsache daß niemand in seiner Familie auch nur die leiseste Besorgnis zeigte in jenen "48 Stunden auf der Schneide" bestärkt das nur.
Das hält seine Fans nicht davon ab, seine wundersame Genesung rechtzeitig vor Ostern mit der Auferstehung gleichzusetzen - ja, wir sind in Trumpistan angekommen...das jahrzehntelange Projekt der Medien in GB, den nationalen Intellekt auf den eines 6jährigen zu senken, war erfolgreich, behaupten böse Zungen. :D
Namentlich Andy Hamilton.





Am Dienstag mußte ich fünf Minuten zur Post - ist das essential? Das Geburtstagskind, das seit 14 Tagen vergeblich auf eine Karte wartet, findet das vielleicht. Gleicht sich dadurch aus daß ich außer zur Arbeit in den letzten Wochen fast nicht vor der Tür war. Da das Wetter schön wurde gingen das Tochterkind und ich auf unseren Regierungs-empfohlenen Spaziergang am Nachmittag und schmiedeten Pläne. In Ermangelung der notwendigen Handwerker kamen wir auf die Idee, den Jungen mit einer Axt auf das wuchernde Grün des Gartens loszulassen, das gehört schon länger mal gerodet da es inzwischen den halben Garten einnimmt und ihm würde das vermutlich Spaß machen. Mal sehen.
Am Abend machte dann ein merkwürdiges Tropf-Geräusch in der Küche den Mann kirre, er zerlegte die Jalousie des Küchenfensters, klopfte die Wände ab, untersuchte die Rohre unter der Spüle und im Bad ein Stockwerk höher, beäugte das Ganze draußen vom Gehweg aus, testete den Boiler, inspizierte das Fenster selbst und das Überlaufrohr,...als er zum x-ten Mal die Treppe wieder hochrannte um den Boiler anzuschauen lauschte ich aus der Nähe und folgte dem Geräusch zum abtropfenden Geschirr. Ich hob das Abtropfgestell von der Spüle - und das Geräusch wanderte mit. 
Wasser zwischen zwei Müslischalen.
Und er hätte beinahe das Haus auseinander gerissen. 
Seit der Woche in der Kälte ist er von unserem Boiler besessen. 




Arbeit (Überraschung!!! :D ) und wir bekamen eine weitere Lieferung von Schürzen, Masken, Booties, Handdesinfektionsmittel usw. Nur wo wir uns testen lassen können weiß noch niemand. In Schwestereinrichtungen in ganz Schottland sind nun 55 vermutete Fälle gemeldet worden, einer bestätigt. Wir hatten bislang Glück/Umsicht, weil wir in allem zwei Wochen früher reagiert haben als HQ. Unsere Bewohner waren bereits in Lockdown als die Empfehlung erst von der CEO ausgesprochen wurde. Wir hängen an ihnen, daher haben wir nicht lange gefackelt...nun stellt sich noch das Problem der Pfleger, die aus der Gemeinschaft ins Gebäude kommen, fünf oder sechs von ihnen wie im Taubenschlag, statt eine/n im Gebäude zu "stationieren" für alle und damit die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten. Das wäre die vernünftige Lösung, also das Gegenteil von dem was ihre Koordinatorin vor Ort tut...das kennen wir seit Jahren. Allerdings kann jede potentielle Ansteckung nun zurückverfolgt werden. Das ist ja auch schon mal einen Schritt weiter.
Abgesehen davon überlegen wir, wie wir ihnen den Tag etwas aufheitern können. Nun soll das Wetter eine Weile recht schön werden...
Donnerstag. Es wurde bekannt, daß die Regierung hier covid-19 positive Patienten aus den Krankenhäusern in die Pflegeheime verlegen ließ als sie noch ansteckend waren, zur "Sterbebegleitung". Geleistet von Personal, das keine Schutzkleidung hatte. Da erzähle mir noch jemand das sei keine Absicht um die teuersten Pflegefälle loszuwerden! Kein Wunder daß soviele Pflegeheime scharenweise Bewohner verlieren! Und die Rechtfertigungen der Minister (Matt Hancock) werden immer fadenscheiniger - in diesem Fall ist es gar eine nachweisbare Lüge, da ein Lib-Dem MP ihn am 16. März genau danach gefragt hatte. Das ist offiziell im Hansard-Rekord des Parlaments aufgezeichnet.
Dann kam dazu daß vier Hersteller von Schutzkleidung sagten, sie dürfen nicht mehr nach Wales oder Schottland liefern, "England first". Das wurde der schottischen Regierung als politische Stimmungsmache und Lüge angedichtet, steht aber genau so auf den Webseiten der Hersteller - Public Health England habe ihnen gesagt daß sie nicht liefern dürften, es täte ihnen leid, daß das nicht ihre Entscheidung sei. Während ein sehr teurer Diagnostik-Roboter der Uni Dundee von der Royal Navy nach England verschifft wurde...Dundee und Ninewells Hospital sind international renommiert für medizinische Forschung.  
Matt Hancock drückte sich prompt vor dem Gespräche mit Jeane Freeman (schottische Gesundheitsministerin), die dafür bekannt ist kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ich kann das nur bestätigen, ich habe sie hautnah "in Aktion" erlebt.



Freitag, Arbeit (Überraschung??), das Wetter war etwas grau und kühl. Ein Blick auf den Fenstersims am Morgen zeigte wachsendes Grün, das ich bald ausdünnen sollte. Ein Blick auf die neuesten Maßnahmen zeigte, daß mein Termin zum Pass beantragen flöten geht...*seufz* Das Generalkonsulat hat sämtliche Terminslots von der Webseite entfernt. Da muß ich dann nach Ende des Lockdowns schnell sein...und währenddessen falle ich in die Kategorie der undokumentierten EU-Immigranten. Das sind die, die den Brexitern gerade das Leben retten. 
Sowohl Brexit "no deal" als auch Settled status gehen nach wie vor mit Volldampf voran, im Falle von EU-Bürgern, die sich nun durch Corona in der Zwangslage befinden hier Geld beantragen zu müssen werden sie gar dafür bestraft, indem ihre "Dienstjahre" für den Settled status damit auf 0 gesetzt werden und es danach 10 Jahre dauern wird, bis sie den Status bekommen - keine 5. Alle Jahrzehnte davor sind dann ungültig. All den Träumern die glauben, daß de Pfeffel und Konsorten plötzlich ihre Menschlichkeit entdeckt hätten nach seinen 48 Stunden - im Gegenteil, nun wird das "Besiegen" von Covid-19 zu einer Frage der "Willensstärke" und des "Charakters" werden...sie sehen de Pfeffel ja jetzt schon fast als den neuen Messias. 
Der kann sich scheinbar zweiteilen, siehe Twittler in den USA.
In der Arbeit köchelt es auch vor sich hin, die Chefin ist drauf und dran mit einer Bewohnerin aneinanderzugeraten - weil diese ein Leck aus der Decke entdeckte und gemeldet hatte.
???
An ihrer Stelle wäre ich froh daß das jemand bemerkte, denn einer unserer Wassertanks im Dach hat ein Leck - ich will gar nicht wissen, wieviele Liter die halten! Und die Spezialfirma, die sich das ansah, kann absolut nichts tun weil sie nicht genug Platz haben um den überhaupt erst zu inspizieren. Die Alternative wäre ihn auszubauen und zu ersetzen. Dafür würde das gesamte System abgeschaltet und geleert, und sie bräuchten einen maßgebauten Neuen zum Einbau. Alles schon im Normalfall ein immenses Aufhebens, nicht auszudenken während des Lockdowns. Tägliche Eimerkontrolle nötig bis Mai...
Wenigstens heiterte eine Familie die Lage etwas auf, sie überreichten jedem von uns eine Flasche Wein und einen Sekt, als Dankeschön für unseren Einsatz. Wenn ich denn tränke. :D 




Die Schwiegermutter telefonierte wieder ihre Liste für heute - das dann lieber separat von unserem Einkauf, da sonst gar so lange angestanden werden muß...aber erst einen Kaffee mit Andrea.

1 comment:

  1. Gut, dass ihr das Haus nicht auseinandergenommen habt...
    Großbritannien ist gewiss nicht das einzige Land, in dem man sich zugunsten einer Herdenimmunität seiner lästigen Generation entledigt.
    Liebe Grüße
    Andrea

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