Samstag, regnerisch, 13 Grad. Da es grau und nass war, las ich lieber den ganzen Tag. Das Wetter macht mich derzeit recht müde. Andererseits war das Buch alles andere als einschläfernd: Caroline Criado Perez, "Invisible Women". Das ist gleichzeitig auch eine sehr gute Erklärung, was es mit "White Privilege" auf sich hat und wie das entsteht...und daß es auf alle ethnischen Minderheiten zutrifft, so wie auf Frauen seit vielen Jahrhunderten...
Sonntag, regnerisch, 14 Grad. Die Einarbeitung der neuen Springerkraft. Als Köchin ist sie ja bereits ein Segen, aber auch als Kollegin war sie "a breath of fresh air" - jemand, dem ich nicht erklären und zeigen muß, wie wir die Toiletten putzen oder was wir staubsaugen...Sie packte einfach an, und ganz nebenbei bemutterte sie auch J. in der Küche noch ein wenig und zeigte ihm einige Tricks erfahrener Köche. Herrlich! Wenn sie die freie Stelle bekommen sollte, wird das ein sehr gutes Team, in dem J. wachsen und lernen kann.
Ich drückte ihr das Notfalltelefon in die Hand und dann übten wir, wie sie antwortet und das System wieder ausschaltet. Das sind gewisse Nummernkombinationen, die dafür notwendig sind und die meisten "Newbies" geraten anfangs in Panik wenn sie das gezeigt bekommen.
Die Wohnungstüren unserer "Kunden" wird sie recht schnell lernen, nachdem ich ihr einen "pocket guide" ausgedruckt habe. Und so ganz nebenbei war sie auch "teambildend" zugange. Mit Kollegin Nr.2 versteht sie sich ebenfalls. Mir scheint daß dieser Weg zu einer neuen Kollegin wesentlich erfolgreicher ist als ein Bewerbungsgespräch.
Montag, Regen, 15 Grad. Beim Spaziergang mit dem Tochterkind stellte ich fest, daß meine Schuhe nicht mehr wasserdicht sind. Ich habe meinen Regenmantel und wenn es die Hosen von den Knien abwärts durchnäßt macht mir das nichts aus - solange die Füße trocken bleiben. Wenn die nass sind...nein Danke! Demnach sollte ich mein Schuhwerk ersetzen.
Die Schlangen vor dem erstmals wieder eröffneten Primark in Glasgow wanden sich um die Ecke in die Nebenstraße, und Menschen standen von 5 Uhr 30 morgens an. Meine Freundin Gayle sprach mir aus der Seele als sie postete, daß wer ihren post in der Schlange vor Primark lese ihr doch bitte nicht mehr folgen solle. Einkaufen ist hier eine Freizeitaktivität und für viele Menschen ihr einziges Hobby. Andererseits war ich nicht seit März daheim, vielleicht fühlt sich das anders an als wenn man nach wie vor das Haus verläßt und arbeiten geht: Etwas wiedergewonnene Freiheit? Okay - aber Primark???
Dienstag, wechselhaft, 17 Grad. Ich war um 5 Uhr 50 morgens auf meinem Spaziergang durch das Viertel. Ich sah nur einen Mann, der zur Arbeit ging und einen Jogger um diese Uhrzeit. Es war trocken und teilweise zeigte sich die Sonne. Die Schwiegermutter verließ an diesem Tag ertsmals seit Ende Februar das Haus für die Stadt, da sie zur Bank mußte. Bislang ging sie nur in ihrem Seniorenkomplex spazieren, um das künstliche Knie zu bewegen. Oder arbeitete in ihrem Garten. Sie bäckt auch sehr viel, um ihre Zeit zu füllen. Dem Mann ist es recht, er mampfte sich durch Fruit Loaves, Apple Pie (mit einer ganzen Packung Sultanas drin - war ihr die ausgerutscht?), Muffins und Cupcakes. Siehe unten :D
Ich las derweil ein weiteres Buch aus und fing ein fünftes an. Entweder lese ich monatelang gar nicht oder ein halbes Dutzend Bücher in wenigen Tagen...und völlig im Gegensatz zu den meisten anderen Haushalten, von denen wir so hören, bleibt bei uns seit der Corontäne die Glotze aus. Eigenartig.
Proviant von der Schwiegermutter |
Die Chefin war in der Küche und ich hatte wieder mehrere Jobs, u.a. IT - weil unsere IT-ler selbst das nicht auf die Reihe brachten...unser Computer verlinkte sich nicht mit dem Desktop von Glasgow HQ, demnach konnte ich nicht viel anderes tun als bei IT anzurufen. Der server, den wir verwenden, sei nicht "configured on this specific address". Okay - sie riefen etwa eine Stunde später zurück und erzählten mir, daß sie daran herumgetinkert hätten, ob es nun ginge? Nein.
Am Ende - nach drei Stunden kompletter Funkstille - schob ich Frust und schaltete kurzerhand den Router ab: Wenn es wahr ist daß sich Binär selbst berichtigt...?
Siehe da - das Desktop ist nun zwar schwarz und hat einige Dinge mehr als vorher installiert, aber es funktionierte. Ich konnte endlich mit meiner Büroarbeit loslegen, und da fiel einiges an. Desinfiziert und gehaushaltet hatte ich ja bereits in meinen frustenden Stunden.
Die Dramaqueen von letzter Woche war immer noch beleidigt. Sie saß in ihrer Wohnung und beim morgentlichen Anruf und der Frage, ob es ihr gut ginge, konnte sie "nicht sprechen". Also ein Welfare-Check. Und ein Anruf bei der Tochter. Und die war angefressen, weil sie 10 Nachrichten von ihrer Mutter auf voicemail hatte...da klappte es anscheinend ganz gut mit dem Sprechen. :D Mit einem Enkel konnte sie sich auch genügend verständigen für eine detaillierte Einkaufsliste und meine Chefin ging an ihrer Wohnung vorbei, als sie mit einer Enkelin auf Lautsprecher sprach...
Wenn nur alle graue Haare so leicht auskämmbar wären wie die des Hundes. :) |
Donnerstag, sonnig, 15 Grad. Ich hatte Geschenke zu besorgen für die Schwiegermutter. An sich könnte ich die Warteschlange direkt überspringen mit meiner Work-ID, aber es wollten nur ein paar Menschen ins Geschäft, daher habe ich gewartet. Die Meisten waren eher an den wieder geöffneten Bekleidungsgeschäften interessiert, die nun natürlich Schlußverkauf halten um den Umsatz schnellstmöglich anzukurbeln. (Ich kann es ihnen nicht verdenken - es verlieren schon so zuviele Menschen ihren Job...kaum eine Woche vergeht in der die Chefin mir nicht erzählt, daß ihr Partner eine SMS bekommen habe über weitere 25/30/40 Kollegen, die ausgezahlt wurden.)
Angesichts der momentanen Lage wählte ich eine goldumrandete Kaffeetasse mit Blumenmuster und einen Bestseller aus für die Schwiegermutter, nebst einer Rosen-Rhabarber Duftkerze und etwas dunkler Schokolade. Auf ein schönes Lesestündchen daheim. Zwei "blumige" Karten liegen auch bereit. Den Blumenstrauß besorgen wir dann frisch, wenn ihr Tag gekommen ist. Ich wollte nur vorbereitet sein, da die Überstunden immer wieder mal aus heiterem Himmel kommen können. Und ihr Sohn ist ein recht unwilliger Geschenkekäufer. (Meistens.) :D
So muß ich ihm dann nur die Karten und die Tasche in die Hand drücken, falls ich selbst nicht mitgehen kann.
Katze schaut bei der Arbeit zu |
Freitag, regnerisch, 15 Grad. Wir wappneten uns für den Einfall der virusverseuchten englischen Horden...hätten wir eine richtige Grenze, müßten die 2 Wochen in Quarantäne, wenn sie überhaupt kommen dürften. Wer englische Touristen nimmt ist selber schuld. Die Zahlen in Leicester und Bradfort sind keine "zweite Welle", wie de Pfeffel uns gerne erzählen würde, die sind immer noch von der ersten. Wenn jemand die Zahlen *korrekt* aufzeichnet und analysiert wird das mehr als deutlich (ich spreche hier von jemandem, der für die Polizei tätig war und für sie in Cyber-Kriminalität etc. gefahndet hatte und als whistle-blower Theresa May ein Dorn im Auge war, nachdem er herausfand daß die englische Polizei systematisch ihre Kriminalitätsstatistiken gefälscht hatte). Sie halten sich besser an die Maskenpflicht bei uns, ab 10. Juli auch in Läden, sonst gibt's Randale bei den Schotten. Die sind nicht scheu wenn es um sowas geht. Ich war arbeiten, mit den Firepanel-Ingenieuren und denen für das Notfalltelefon im Haus.
Als ich von der Arbeit abgeholt wurde fragte mann, ob ich heute kochen könnte - jemand (*räusper*) habe "den ganzen Tag mit dem Wifi gekämpft".
Ich weiß ja nicht was er glaubt daß ich tue, aber gut...(siehe oben).
Daheim hörte das Tochterkind davon: "??? Er hat seit 14 Uhr geschlafen!!!"
Und scheinbar im Traum mit dem Wifi gekämpft? Okay - aber die kleinen
Ich setze mich dann mal wieder zu Andrea an den Kaffeetisch. Guten morgen.
Das Buch von Caroline Criado Perez habe ich auch förmlich verschlungen. Leider habe ich schon unter den Folgen der mangelnden medizinischen Forschung bei Frauen gelitten.
ReplyDeleteOh ja, diese Hundewolle... Unser Lockenhund trägt ja eh schon den Spitznamen "Wolli". Was du da rausgekämmt hast, ist derzeit auch unser Tageseinsatz... Danach streike ich.
Liebe Grüße
Andrea
Es hört sich an, als ob es sich etwas entspannt, zumindest auf der Arbeitsstelle. Bei Corona bin ich noch abwartend. Und das dicke Ende kommt ja noch. Gelacht, dass derselbe Typ beide Krisen managen soll.-
ReplyDeleteDass der englische Parlamentarismus mal solchen Glanz besaß, habe ich bei den Recherchen zu meinem nächsten Frauenporträt erfahren. Da hat der künftige Vater von Arthur Schopenhauer sich doch tatsächlich nach einem Wohnsitz in Britain umgeschaut, um der Annexion Danzigs durch die Preußen zu entfliehen. Und sein Sohn sollte dort geboren werden, weil er das britische System so vorbildlich und gut fand ( er hat dann Panik gekriegt und sie sind einen Monat vor der Geburt nach Danzig zurück ). Was habe ich gelacht, ist mir doch gleichzeitig ein Bild vom Peffel ( schaut der immer so aus wie ein Idiot ) in der Timeline gelandet...
Sonst geht's mir gut.Dir hoffentlich auch.
Bon week-end!
Astrid