Samstag, regnerisch, 15 Grad. Nachdem im Haus alle schliefen bis fast 12 Uhr Mittags machte ich mich auf einen langsamen Trödelspaziergang durch das Geniesel. Die Schwiegermutter hatte nach Masken gefragt, die ab dem 10. ja Pflicht sind in den Läden, und da wir nun keine Kilometer-Beschränkung mehr haben für unsere Trips kann sie den Bus in die Nachbarstädte nehmen. Im Bus ist jeder zweite Sitzplatz nicht in Gebrauch, sie alternieren von rechts nach links und wir müssen ganz ans Fenster rutschen: Zigzag durch den Bus sitzen die Menschen verteilt, daher passen nur 20 in einen Bus oder 40 in einen Doppeldecker. (Ja, die gibt's nicht nur in Rot und nicht nur in London.) Damit werden wir uns arrangieren, genauso wie mit allen anderen Maßnahmen bisher. Nur in den Pub ginge hier kaum jemand!
Ich wanderte durch unseren Urban Jungle, einen bewaldeten Ausläufer des Glens an der Bahnstrecke entlang, der kein Naturschutzgebiet mehr ist, und in die Stadt. Ich habe Masken erbeutet, 6 an der Zahl. Die tun's erstmal, sind washbar wie von ihr gewünscht und nun kann sie wieder selbst losziehen.
Sonntag, wechselhaft mit Sturmwindwarnung, 12 Grad. Arbeit, allein mit der Springerkraft in der Küche. Das lief wunderbar, weil sie weiß was sie tut. Eine der Pflegerinnen einer Bewohnerin war dagegen heute auf dem Kriegspfad, wegen der Wäsche. Sie hatte einen am Tag zuvor bereits vorgebuchten Slot für 12 Uhr, aber sie mußte völlig aus der Luft gegriffenes Drama daraus kreieren. Keine Ahnung welche Laus ihr über die Leber gelaufen war!
Statt mit ihrem Slot davonzutoddeln wollte sie, daß ich sie nach Feierabend reinlasse und sie würde desinfizieren und abschließen. Wie bitte? Ich soll unsere Covid-Regeln für sie brechen und mich darauf verlassen, daß sie nicht 27 andere Mieter ansteckt? Ich habe rundheraus abgelehnt - und das hat ihr gar nicht gepasst, sie müsse wohl das Sozialamt anrufen, und zog von dannen. Dann kam sie ein paar Minuten später wieder und wollte die Nummer von HQ haben - gab ich ihr, viel Glück damit dort jemanden zu erreichen, die arbeiten alle von daheim! Und wenn wir niemanden ans Telefon bekommen...ich habe derweil eine email an den Housing Officer geschickt und meine Chefin reinkopiert.
Und dann mäkelte sie am Mittagessen herum - okay, ich habe ihr eine Alternative gebracht weil sie sagte, daß die Bewohnerin das ("Billigfleisch!") nicht essen würde. Wir haben Anweisungen daß sie kein Schwein bekommen darf (es war Schinkenbraten) - und die ließ sie dann stehen. Also habe ich jeden Satz, den sie zu mir sagte, in unseren Handover reingeschrieben, zur Delektierung meiner Chefin, die morgen früh postwendend deren Teamleaderin anrufen wird, weil sie selbst dieses (billige!) Essen für sie ausgewählt hatte.
"Ich denke es ist Zeit für die Drahtbürste und Dettol" Life in times of Corona |
Montag, sonnig, 16 Grad. Ja, werte Damen und Herren, sie haben es geahnt: Der erste Anruf des Tages kam von meiner Chefin. Meiner reichlich erbosten Chefin, was die Frau sich denn einbilde, sie habe bereits mit dem Housing Officer gesprochen und würde sich nun offiziell bei der Teamleaderin beschweren. Und wäre es nicht die Krönung wenn sie an diesem Tag auch in die Arbeit käme, sie würde sie kennenlernen...
Ich überließ sie ihrer Vendetta und wir machten uns stattdessen das erste Mal seit dem 23. März auf einen Hundespaziergang nicht in einem 5 Meilen -Radius, sondern am Kanal entlang. Dort blühen inzwischen die Seerosen auf dem Wasser. Es war nicht zu überlaufen, ein Dutzend Radfahrer, 6 Spaziergänger, ein oder zwei Hundefrauchen. In deutschen Landen wäre der Treidelpfad voller Menschen, hier stehen sie lieber vor Primark Schlange. Prioritäten.
Dienstag, wechselhaft, 13 Grad. Ein eher ruhiger Tag. Gerade recht, da ich müde war. Der Mann rennt zur Zeit für jede Aufgabe einzeln aus dem Haus - am Montag war es "das Auto staubsaugen", am Dienstag war es "den Ölstand prüfen", bald ist es "die Reifen aufpumpen" oder die Waschanlage...er kommt jedes Mal mit einer 2l-Flasche Irn Bru heim (grausiges Getränk, radioaktiv-orange und riecht nach flüssigem Bubblegum - ich konnt mich in über 20 Jahren nicht dazu überwinden das zu probieren, und nachdem mir jemand geflüstert hatte was in der Produktion verwendet wird, wird das auch nie passieren. Nur soviel: Für Vegetarier/Veganer nicht geeignet. Sehr beliebt als "Katerfrühstück".) Man könnte meinen er teilt sich das ein sodaß er täglich das einzige Getränk kaufen kann, das Coca Cola weltweit von der Spitzenreiterposition der Landes-Verkäufe fernhält: Überall sonst haben sie das Monopol. Weshalb sie es aufkaufen wollten, aber da sind die Schotten eigen..."Ye kannae have it."
Canalside |
Mittwoch, regnerisch, 12 Grad. Erster Tag nach ihrer Krankheit für J. Wie sich herausstellt ist doch unser Arbeitgeber an ihrer Misere schuld, und sie ist nicht die Einzige, der es so erging! Die Mitarbeiterin in HQ, die früher als Welfare-Officer tätig war, war dementsprechend wütend - scheinbar hat wer im Homeoffice (zu lange im Garten in der Sonne?) verschlafen, daß die Meldung von zwei Gehältern in einem Monat ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten nach sich ziehen kann für all die, deren selbständige Partner sich mit dem monströsen Universal Credit über Wasser halten müssen in Zeiten von Corona. Soll heißen: Ihnen wird die Zahlung eingestellt, da "zuviel" Einkommen. Und da das "alles in einem" ist, bedeutet das keinen Penny für fünf Wochen.
Die Chefin fragte ob sie denn nicht "all die anderen Zahlungen" nützen könne? Nein, das perfide an Universal Credit ist, daß dann gar nichts bezahlt wird. Weil es ja alles in einem ist...ausgedacht hat sich das der Obersadist Ian Duncan Smith, der im Parlament tanzte als er all die Kürzungen und sadistischen Neuregelungen des "Austerity-Sozialstaates" feierte...so wie die "Vergewaltigungs-Klausel" für dritte Kinder, in der die Mütter das offenlegen müßten wenn sie Kindergeld für ein dadurch geborenes drittes Kind haben wollten - da GB nun offiziell eine Zwei-Kind-Politik hat.
Donnerstag, wechselhaft, 14 Grad. Das "Dreamteam" war wieder zusammen. Und es war lustig...Kollegin C. bringt J. immer zum Lachen, selbst nach 6 Wochen sh*t. Das tat ihr sichtlich gut.
Unsere Dramaqueen hatte ein Revival der "Sie hat mich angesteckt"-Saga geplant, wurde dann aber von einer unerwarteten Breitseite ihres Sohnes komplett abgelenkt, der sie im August mit in den Heimaturlaub nehmen will. Erstaunlich wie schnell sie nicht mehr "besorgt" war! :D
Und die vorlaute Pflegerin mit dem direkten Draht zum Sozialamt wurde von ihrer Chefin telefonisch über die Kohlen gezogen und muß sich nun anscheinend bei mir entschuldigen, wenn ich sie das nächste Mal sehe...der Grund warum sie das Alternativessen stehenließ war scheinbar, daß die Bewohnerin zu dem Zeitpunkt das "Billigfleisch", das sie "nicht mag und nicht ißt", bereits gegessen hatte.
Freitag, sonnig, 16 Grad. Mit einer Brise, daher schien es kühler. Natürlich erreichte ich Mittags zeitgleich mit einer gewissen Pflegerin die Arbeit - sie im Auto, ich zu Fuß. Hui, wie sie sich geschickt hat damit sie vor mir an der Tür war und nur "Hello" sagen mußte! :D Ein Gesicht wie saure Gurken.
Die Chefin sagte, sie habe sich bei ihr entschuldigt - damit sie mir nicht gegenübertreten mußte. Meine Kollegin C. stoppte sie morgens prompt im Foyer und rief: "Excuse me, where are you going?", als ob sie sie noch nie gesehen hätte (sie kommt seit Jahren), daher konnte sie sich nicht stillschweigend am Büro vorbeischleichen. Ihr Gesicht sprach scheinbar Bände. Oh, what fun!
Aber ernsthaft - wir operieren auf völlig verschiedene Weise: Sie kommt mit allerlei Kommentaren, die angeblich "nicht beleidigend gemeint" seien, aber von ihrer Haltung her ganz deutlich die leeren Drohungen mitschwingen lassen. Falsche Adresse: Ich bleibe durchgehend freundlich und sobald sie geht wird das schriftlich festgehalten und weitergleitet. Ihre Chefin hat sie nun eindeutig in die Schranken gewiesen, wer sich warum bei wem beschwere (hint: Sie nicht). Ergebnis: Sie hat was gelernt.
Underestimate me at your peril.
Als C., J. und ich eine kurze Pause im Garten verbrachten wurde in der Wohnung ihrer Klientin im 2.Stock postwendend das Fenster geschlossen...
Mir dünkt, sie wird in Zukunft vorsichtig sein. Das Ersatzessen hatte sie angeblich "nicht gesehen", sagte sie zu meiner Chefin - dummerweise hatte ihre Chefin meiner gesagt, wie sie das ihr gegenüber dargestellt hatte...sie konnte vor M. nicht zugeben, daß die Bewohnerin das "Billigfleisch" sehr wohl gegessen hat.
Leben in Zeiten von Corona: Wer kein Drama hat, macht sich welches. Und alles so völlig unnötig. Hätte sie sich mal mit ihrem 12 Uhr-slot in den Aufzug begeben!
Nun ist es Zeit für den Frühstückskaffee mit Andrea.
Oh, was sind alle unentspannt drauf! Was hat sich doch geändert, seit ich vor 50 Jahren ein Vierteljahr in Birmingham verbracht habe. Da pfiff noch kaum einer auf dem letzten Loch und der Humor, mit dem alles genommen wurde, hat mir gefallen. Zwei-Kind-Politik?Vergewaltigungsklausel? What's going on?
ReplyDeleteDir alles Liebe!
Astrid
Pass auf, dass du dir bei all dem Ärger im Beruf kein Magengeschwür holst...
ReplyDeleteLiebe Grüße
Andrea