Saturday 5 June 2021

The week that was


Samstag, sonnig und bewólkt im Wechsel. Ich hatte die Seedlingpot-Produktion wieder angeworfen - scheinbar ist es meine Aufgabe die herzustellen, ich sah nicht viele neu bepflanzte irgendwo...zwei Schulklassen waren in der vergangenen Woche zu Besuch, die mit ihren heimgingen, deshalb herrschte Leere. Einige Magazine eignen sich nicht, musste ich feststellen, nur die geklammerten, da ich Doppelseiten verwende. Die ersten Calendula sprossen bereits im ersten Stock, im zweiten Stock fand ich weitere Saattópfchen der gekauften Art - es sei denn, ein/e Bewohner/in spendete die. Das tun sie gern, weil sie dann im Garten die Ergebnisse bewundern kónnen. Einige sehen sie táglich wenn sie aus dem Fenster schauen. Wir pflanzten ein Dutzend Blumen, die eine Bewohnerin gespendet hatte - sie gab der Chefin Geld und die besorgte die Pflanzen, da sie selbst das beschwerlich fánde. So kann sie sich trotzdem beteiligen und hat ihre Freude am Garten vor ihrem Fenster. Sie beobachtet alles, was sich dort tut...Kollegin Nr.1 strich einen hólzernen Brunnen, der langsam verwitterte, wáhrend ich Blúmchen umtopfte und ein wechselndes Kránzchen an Damen den Garten bevólkerte zum Schwatz. Wie schón das wieder zu sehen...es tut ihnen so gut. Eine der Damen bekam einen elektrischen Schlag vom Knopf des Aufzugs und fragte mich, was das sei. Ich versicherte ihr dass mir das stándig passiert mit Autotúren, nur ein Bisschen Statik - und sie sagte: "Do you know what that means?" - "What does it mean?" - "You're hot stuff!" :D Sie verliess uns am Freitag fúr ein Pflegeheim mit einer Demenz-Unit. :(  Dieser Teil des Jobs ist der Schwerste, sie herzugeben...egal wie verwirrt sie auch war von Tag zu Tag, ihr Humor blieb ihr erhalten. 

Sonntag, Scorchio!, sonnig. Der Tag ist am Besten damit beschrieben, dass eine unserer Damen, die Sonnenanbeterin ist, von 11 Uhr morgens bis fast 7 Uhr abends im Garten sass, nur unterbrochen von ihren Mahlzeiten. Ja, es war schottischer Sommer. Ich rollte meine seedling pots am Morgen, damit ich die aus dem Weg hatte, zwei volle Kisten fertig zum Verwenden. Ich hatte einige Schreibarbeiten, u.a. welche zum Monatswechsel, Rechnungen, Menús fúr die kommende Woche und Úberstunden-Abrechnungen anstehen, bevor ich die restlichen Pflanzen in die Erde bringen konnte. Die Erlaubnis zur Veróffentlichung von Fotografien einiger Mieter musste ich auch einholen, da die Chefin gerne auf den social media-Seiten unseres Arbeitgebers zu sehen ist - sie lebt fúr Anerkennung. Und nun da die CEO ihre Pláne fúr eine Roadshow (!) torpedierte und mit einem Afternoon Tea fúr £5.- pro Kopf in jeder Einrichtung am selben Tag im September ersetzte, will sie ihr eins auswischen...wir lassen sie ródeln, weil das am Ende den Bewohnern zugute kommt: Sowohl der Garten voller Blumen, mit neuen Sonnenschirmen, Bunting und rundum aufgehúbscht, als auch der Afternoon Tea, den wir fúr £5.- pro Kopf auftischen kónnen - das wird kein geplanter Sandwichtray vom Supermarkt mit Chips und Saft! Die Clotted Cream fúr Scones steht bereits im Kúhlschrank parat...Kollegin Nr.3 war zeitweise in Tránen, weil es ihre letzte Schicht mit unserer Dame mit Demenz war, wenn sie ihre náchste Schicht beginnt wird diese Wohnung leer sein. Wir kónnen nichts daran ándern, es ist die Entscheidung der Familie (verstándlich, da sie weit weg wohnen und der Bruder vor Ort verstarb), aber leicht ist es nicht. Ich unterhielt mich an diesem Abend eine Weile mit ihr, weil sie es so schwer fand. Das war das erste Mal, dass sie sich damit abfinden muss... 



Montag, Bank Holiday, sonnig. Wir wachten auf zu der Nachricht, dass erstmals Tiergravuren in Stein in Schottland gefunden wurden in Dunchraigaig Cairn im fabelhaften Kilmartin Glen. Der hat viele Steinkreise und Cairns und unzáhlige Steine mit Cup & Ring - Gravuren, aber bislang dachten Archáologen, dass diese Gravuren hier nur geometrisch seien. Bis eines Abends ein spazierengehender Archáologe spontan beschloss, mit der Taschenlampe in eine Seiten- Grabkammer von Dunchraigaig Cairn zu kriechen und sie sich anzusehen. Und dort Hirsche und Rehe mit Kitzen an der Decke fand. Sie sind sehr detailliert, kúnstlerisch und auf ihr Alter getestet, das grob zwischen der Jungsteinzeit und Frúher Bronzezeit angesiedelt ist, also zwischen 4000 und 5000 Jahre alt. Der Hirsch ist eindeutig zu erkennen, mit detailliertem Geweih. Bislang waren die Archáologen scheinbar nur an den ungewóhnlichen Begrábnissen im Inneren der Cairn interessiert, weil diese gleich drei Cists und ein gutes Dutzend begrabener Vorfahren enthielt statt nur ein einziges. Dunchraigaig scheint mehr ein Familien-Mausoleum zu sein. 
Ich war am Vormittag die Zutaten fúr ein Foto besorgen, nur um spáter nochmal in denselben Supermarkt geschleppt zu werden, dieses Mal mit Mann und Tochterkind. Oh well...wenigstens war es da nicht mehr so voll, morgens kauften alle ihre Picknicksachen und ihr Grillgut und ihren Dutzendpack Bier fúr den Feiertag.

Dienstag, sonnig. Ich arrangierte Dinge, sehr zur Verwunderung des Mannes (:D - siehe hier), bevor ich in die Arbeit ging fúr das Meeting mit unserem Koch. Die "Personal Development Plans" stehen an fúr die Kollegen. Meiner war abgehakt, nun reihum die anderen dran. 
Zur Abwechslung las ich mal gute Nachrichten, úber "Supertaster", die z.B. Brokkoli und Rosenkohl, Spinat, Wein, Kaffee und dunkle Schokolade zu bitter finden - *ráusper* - , nachdem eine Studie in Louisiana feststellte, dass Supertaster zehnmal geringere Infektionsrisiken haben fúr Covid. Sie produzieren aufgrund einer genetischen Mutation einer Geschmacksknospenart mehr Stickstoffmonoxid als andere Menschen, das Viren abtóten kann. Nun auch egal, da ich doppelt geimpft bin...:D Ob ich nun bis zu 30 Geschmacksknospen per was-weiss-ich-wievielen Zentimeter habe, ist mir deshalb eigentlich schnuppe.
In other news: Der Central Belt bleibt in Level 2 Lockdown, Glasgow in Level 3 bis Freitag, wáhrend anderswo Level 1 eingefúhrt wird ab náchster Woche. Der Anstieg der Neuinfektionen gefiel ihnen nicht. Was mich nicht wunderte, nun da die Sonne schien und sie alle Sardinen am Strand spielten, as ob nichts verkehrt wáre in der Welt. Solche Dumpfbacken kónnen wir nur meiden. Glúcklicherweise sollte es fúr diese Zeitgenossen immer auch recht bequem sein, weshalb die abgeschiedenen Ziele leer bleiben. Die leicht erreichbaren schottischen Stránde sind dieser Tage open air Toiletten und die Parkbuchten Múllhalden. 



Mittwoch, sonnig mit kráftiger Brise. Der Mann hatte eine Einfúhrung in ein neues komplett elektronisches System der Datei - das geht nun auch am Gesundheitswesen nicht mehr vorbei und ist eine Reaktion auf die Lockdowns und das Arbeiten von daheim. Viel einfacher, zentral auf so ein System zugreifen zu kónnen. Uns wurde deshalb das Asset-Management-System aufs Auge gedrúckt: Niemand wartet mehr auf Papier per Post. All unsere Dateien wurden vor Kurzem digitalisiert und auf neuen Servern gespeichert. Nun muss die Technik nur funktionieren...:D Neue mandatorische Fortbildungen bekamen wir auch - glúcklicherweise hatte ich die meisten bereits abgeschlossen. Aus eigenem Antrieb. Und nach drei Jahren wurde ich endlich auf einen Kurs gebucht, nach dem ich Márz 2018 in meinem Development Plan gefragt hatte. Wird Zeit. In other news schátzen wir uns glúcklich in Schottland zu leben - der englische NHS wird ab Juli seine Patientendaten verkaufen dúrfen, es sei denn man hat bis 23. Juni widersprochen. Das wurde heimlich still und leise am 16. April von Matt Hancock veróffentlicht. Damit die Meisten die deadline verpassen, weil sie das gar nicht wissen. Fortan werden dort z.B. Versicherungen jedes Detail und jede Diagnose im Leben ihrer Kunden kennen... 

Donnerstag, wechselhaft. Zeitweise hatten wir Sonnenschein, zweimal ein kurzes Getrópfel, das kaum den Asphalt verdunkelte. Es roch nach Regen in der Luft, aber so richtig geregnet hat es nicht. Ich hatte meine Wásche am Wickel und ein T-shirt herausgesucht, in dem fortan geschlafen wird und das dann ins Kórbchen der Katze wandert im Katzengefángnis. 17 Tage: Das sollte bis dahin ausreichend múffeln. :D Ich habe heute noch vor dem Auge wie sie nach uns miaute, als wir sie das letzte Mal dort liessen - gern tu ich das nicht, aber was muss...und der Mann dort mag sie, er hat sich gleich an sie erinnert als ich anrief. Wenn laut Tierarzt ihr momentaner Gesundheitszustand u.a. mit Stress zusammenhángt, wie wird das dann? (Die Katze ist es nicht gewóhnt, 24 Stunden am Tag Menschen um sich zu haben die wach sind...im Lockdown wurden die Kinder nachtaktiv, sie hatte also nie wirklich ihre Ruhe so wie das vorher der Fall war.) Ich habe etwas Homóopathisches besorgt, das ihr Immunsystem aufbauen soll - ich hoffe das schlágt an bei ihr. Mit dem Tochterkind war ich auch in der Apotheke, ihre vorbestellten Arzneien abholen. Damit sie am Montag keine Probleme hat mit ihrem Magen, da hat die Schwiegermutter einen Tisch im Restaurant gebucht fúr uns alle. Das erste Mal seit úber 1 1/2 Jahren. 



Freitag, sonnig. Der Tag lief ruhig an. Die Chefin hatte endlich die Gelegenheit, der Tochter einer Bewohnerin zu vermitteln was sie davon hált, dass sie Kollegin Nr.1 seit Wochen vor ihren Mitarbeitern schlechtredet, ohne sich "offiziell" damit "aus dem Fenster zu hángen" - inzwischen hatte auch ihr Mann damit angefangen. Und for good measure machte sie das auch der Bewohnerin selbst klar, von der all diese Kommentare kommen (sie regiert mit eiserner Hand! :D). Die geriet an die falsche Person als sie sich beschwerte, dass ein Háufchen Erde (!) das ganze Wochenende herumgelegen habe und dass die Person, die es produziert habe, es doch wegputzen sollte - áhhh, das war die Chefin...sie wiess sie deutlich darauf hin, dass all die Gartenarbeit nicht zu unserem Job gehórt und dass wir das tun, um den Bewohnern den Garten zu verschónern, zusátzlich zu unserem Job. Im Klartext: Undankbar und mit nichts zufrieden, mit vóllig úberzogener Erwartungshaltung. Solche gibt's auch. Inzwischen sollte ihnen klar sein welchen Takt die Chefin anschlagen wird, sollten sie sich dazu entscheiden das offiziell zu machen. Ihr Kommentar war, dass manche Menschen glaubten, sie kónnten auf Schwachen herumhacken.
(Nein, uns entgeht die Ironie nicht...aber ihr Team verteidigt sie, nachdem sie fúr uns gelobt wurde nach dem Lockdown.) 



Und nun treffe ich mich mit Andrea in Berlin auf einen Kaffee vor der náchsten Runde in der Arbeit.

3 comments:

  1. Immerhin verspricht es blühend bei Euch zu werden. Eine Freude für alle.
    Die arme Katze muss also wieder ins Katzengefängnis. Ich drücke die Daumen, dass sie es gut durchsteht.
    Liebe Grüße
    Andrea

    ReplyDelete
  2. Ja, das stimmt, Demente haben einen herrlichen Humor und treffen bei vielen Aussagen den Nagel auf den Kopf. Und auch ihre Ehrlichkeit und Klarsichtigkeit hat mich immer zum Lachen gebracht.
    Von den archäologischen Entdeckungen hab ich noch nichts erfahren. Werd mich gleich umtun.
    Eine Hammer, die totalitäre Datenerfassung Kranker in England! Da braucht’s keinen Chip bei der Impfung…
    Bon week-end!
    Astrid

    ReplyDelete
  3. Von den Wandmalereien wurde hier noch nichts berichtet! Aber Steinkreise bleiben mystisch!
    Ich hoffe darauf, daß Berlin mit der Elektronik in den Kliniken endlich mal nach vorne kommt. Ich hasse es,die Schriften der Ärzte zu entziffern.
    Ich wünsche dir einen schönen Sonntag
    Andrea

    ReplyDelete