Saturday 23 May 2020

The week that was



Samstag, bewölkt, 8 Grad. Erste Tat des Tages war, den Covidtest zu buchen. Als keyworker gehöre ich zur Prioritätengruppe 2, und da ich mit der Familie lebe konnte die mitgetestet werden. Hätten sie auf ein Symptom bestanden, hätte ich den trockenen Husten heranziehen können...meine Chefin hatte sichergestellt daß ich das buche, ich habe 5 SMS von ihr mit all den links und Informationen. :D Testergebnisse gab's "innerhalb von 48 Stunden" per Text.
Die Webseite der (britischen) Regierung vermittelte definitiv den Eindruck, daß sie die Anfragen möglichst gering halten wollen - ständig der Hinweis, daß nur symptomatische keyworker getestet werden könnten, mit Schwerpunkt auf NHS und Soziales. Erst ein drop down menu für den Grund der Testbeantragung zeigte plötzlich all die Polizisten und Feuerwehr und Brummifahrer und Supermarktangestellte auf...gleichzeitig lamentierten sie in den Nachrichten, daß so wenige keyworker sich testen ließen: Ursache - Wirkung??? 
An der "drive through"-Teststelle (fotografieren verboten) mußten die Frischlinge der Armee die Testkits aushändigen, damit wir uns selbst die Mandeln (würg) 10 Sekunden abpinseln konnten und anschließend dieselbe Probe in die Nase rammen für 10 bis 15 Sekunden - na Danke! Mir tun die Mandeln jetzt noch weh...warum sie unsere ID haben wollten weiß ich immer noch nicht. Sowas tut sich freiwillig niemand dreimal an, wenn er nicht muß.
Weshalb die Soldaten die auch gar nicht sehen wollten...
An einem Samstag wurden demnach 3 von 5 Kollegen getestet und mir aufgetragen, den neuen Koch dazu aufzufordern einen Test zu buchen in der kommenden Woche. Ich nahm ihm die Gebrauchsanweisung meines Tests mit, damit er vorgewarnt war. 




Sonntag, Nieselregen, 12 Grad. Da ich in der Arbeit war, spielte das Wetter keine große Rolle. Wir gehen das normalerweise ruhig und gelassen an und die Bewohner entspannen sich sichtlich. Eine sagte sie hätte gedacht daß die Chefin sich ja nun entspannen könne, wenn sie ihr nicht mehr auf die Nerven gingen Dank Lockdown, weil sie ja die meiste Zeit "aus dem Weg" seien. Stattdessen regt sie sich gerade täglich über den HOM auf, den Housing Operations Manager (also den Boss ihres Bosses/HO). Daß der nutzlos ist und seine Stelle eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme seines Kumpels, der eine zeitlang unser temporärer CEO war, steht gar nicht zur Debatte - ich verstehe nur nicht, warum sie sich jeden Tag wieder aufregt über ihn. Deshalb ändert sich garantiert nichts an der Situation. 
Der temporäre Housing Officer (HO) war dieses Wochenende im Urlaub "da ich wohl diszipliniert werde für das, was ich nun zu ihm sagen werde." Da verstehe ich den Frust, weil der HO die Arbeit des HOM mittun muß wenn der sie nicht auf die Reihe bringt. Ergebnis? Unsere Rechtsanwalts-Tochter hat sich auf Facebook Luft gemacht, den HOM bei Namen genannt und die Lunte unter seinem Hintern angezündet.
Hmm.
Wobei sie mißversteht daß wir kein Pflegeheim sind und als Vermieter an sich niemandem vorschreiben können, daß sie daheim bleiben sollen. Wir verweigern den Familien im Moment den Zutritt, weil sich die Bewohner so sicherer fühlen, aber wenn jemand darauf bestünde auszugehen oder Besucher zu sehen könnten wir herzlich wenig tun. Genauso wie wir Demenzpatienten nicht verbieten können, das Gebäude zu verlassen.
Einerlei, ich habe mich lieber damit beschäftigt einen "sozial distanzierten" Sitzplan auszuarbeiten für die Zeit, wenn der Speisesaal wieder öffnet. Mit zwei Extratischen würden wir das hinbekommen, wenn nur je zwei pro Tisch an den Kopfenden säßen.
Abends bekamen wir bereits die Testergebnisse (von wegen "überrannt", die hatten kaum zu tun an den Teststationen! Und im Labor scheinbar auch nicht), wir in der Familie sind alle negativ, kein Covid-19. Die Chefin hingegen muß den Test wiederholen, weil er nicht schlüssig war...


You're welcome

Montag, regnerisch, 13 Grad. Kollegin C. hatte heute Uneinigkeit mit einer ehemals deutschen Bewohnerin (sie hat seit 50 Jahren britische Staatsbürgerschaft, aber nach wie vor ihren Akzent), die sich über Lockdown aufregte. Ihrer Ansicht nach sollten sich alle Nationen nach de Pfeffel richten und der Sache einfach "ihren Lauf" lassen. Die Kollegin wies auf Pflegeheime und anfällige Menschen hin, die dann sterben würden - ach, sterben müsse man sowieso und die in den Pflegeheimen seine ohnehin nur dort zum Sterben, sie habe den Krieg und die Grippe und Gott-weiß-was überlebt...ich rechne es Kollegin C. hoch an daß sie nicht die Tochter der Dame ins Spiel brachte, die sich seit 8 Wochen daheim isoliert da selbst hochgefährdet und im Zweifelsfalle tot, obwohl ihr der Hut hochging und sie darauf hinwies daß Menschen in ein Pflegeheim kämen weil sie sich nicht selbst versorgen könnten, nicht als Wartezimmer der Bestattungsunternehmer...Hüttenkoller. Langsam macht es einigen zu schaffen...wobei sie vorher schon wochenlang in ihren vier Wänden saß, da sie nicht gehen konnte Dank des Krieges und der erfrorenen Beine davon. 
Der HOM rief auch als allererstes bei uns an in heller Panik, ob wir wieder im Lockdown seien - er hat wohl den post der Rechtsanwalts-Tochter gelesen. Aber natürlich sind wir das, schon seit letzter Woche, was er wüßte wenn er denn seine emails läse. Oh, die Freuden! Die Chefin freute sich jedenfalls als ich sie informierte - das könne keinem "netteren" Menschen passieren...ihm sei wohl gesagt worden daß er das Problem bereinigen solle. 
Dienstag, wechselhaft, 14 Grad. Der Tag fing früh an, auf der Suche nach magenfreundlichen Lebensmitteln für das Tochterkind. Sie hat scheinbar einen Anflug der Schwierigkeiten, die väterlicherseits in der DNA vorkommen... Hafermilch und Grissini waren gefragt. Und ein Puzzlebuch für die Schwiegermutter, die an Langeweile leidet. Da konnte ich doch gleich bei der Post vorbeigehen, Geburtstage sind schließlich nicht von Corona abhängig.
Und wie immer an freien Tagen häufte sich die Wäsche...
Der Mann vergnügte sich derweil mit dem neuen Staubsauger: Der könnte dem Twittler aus 10m Entfernung das Toupet vom Kopf saugen. Ihn eingeschaltet vom Teppich zu heben gleicht einer Runde Ringen auf nationalem Niveau. Wir warten darauf, daß der Junge ihn für sein Muskeltraining entdeckt.
Am Abend rief auch prompt die Schwiegermutter an mit einem Anliegen.



Mittwoch, sonnig, 20 Grad. Was Astrid an diesem Morgen veröffentlicht hatte ließ mich beinahe auf Darwinismus hoffen - wenn es in deren Fall seinen Lauf nähme...ich mußte mich erstmal beruhigen bevor ich arbeiten ging. Oh, die Dummheit mancher Menschen...
Wir waren in den Startlöchern, um den Bewohnern und Familien einen Brief zukommen zu lassen in dem wir die derzeitige Situation (er)klären - der HOM winkte ab und will erst abwarten, was am Donnerstag bei der nächsten Review aufkommt. Er glaubt doch wohl nicht daß das jetzt schon gelockert wird? Die Sterberate in Pflegeheimen ist noch zu hoch. Während das de Pfeffel und Hancock nicht stört ("die sind ja eh nur zum Sterben dort"), sehen die anderen Nationen es anders. Na gut, dann warten wir eben.
Wir hatten unsere Personaldecke auszutüfteln bis Ende Juli, wenn wir nun alle unseren Urlaub einreichen müssen. Das ist nicht so einfach...ich nehme z.B. drei Tage, an denen wir ohnehin eine Vertretung haben, weil sich dann nichts an der Personaldecke ändert. Zwei Mann weniger und das bedarf der strategischen Planung. Ich darf auch keine 7 Tage in Folge arbeiten, für "unser Wohlbefinden und unsere geistige Gesundheit".
Donnerstag, sonnig, 17 Grad. Heute war der Tag, auf den in der Arbeit alle warteten, weil unser First Minister sich erstmals dazu äußerte, wie eine Lockerung aussehen wird - über die sie erst nach dem 28.5. nachdenken wird. 
All die Vollpfosten an Portobello Beach am Mittwoch sollten sich das auf die Hand tätowieren lassen! Nach wie vor verboten
Vorerst keine Öffnung der Restaurants und Cafes in Phase 1, damit bleibt unser Speisesaal geschlossen. Und Kontakt mit nur einem anderen Haushalt, im Freien. Und wie "unwillig" (laut Presse) die meisten Schotten den Lockdown hinnehmen, zeigte sich in einem trendenden Hashtag auf Twitter: #ThankyouNicola.
Die Ärzte trafen ihre eigenen Vorbereitungen für die nächsten Monate: Einige der Hochgefährdeten bekamen Briefe - sie sind bis Oktober (!) weiterhin in Selbstisolierung. 
Ich war in nur bedingt "unabdinglicher" Sache für die Schwiegermutter unterwegs und kaufte ihr drei weitere Puzzlebücher. Das ist nun eine Frage der Interpretation - wenn sie dafür nicht mehr fünfmal anruft mit noch einer Besorgung, war es mehr als wichtig...:D


Snugglebuddy. Um 5 Uhr morgens...

Freitag, wechselhaft mit kräftigen Böen, 13 Grad. Der Tag begann damit, eine Ladung Wäsche nochmal zu waschen weil die seit Mittwochmorgen fertig (und feucht) in der Maschine gammelte, da niemand sich dafür zuständig fühlte...das geht scheinbar nur mit strikten Anweisungen ("Hör auf zu nörgeln!"), sonst geht es gar nicht ("Woher sollte ich das wissen?!" - Daß man feuchte Wäsche zum Trocknen aufhängt???). Das weibliche Kind war zu sehr damit beschäftigt, ein Tofu-Kürbis-Mango-Curry zu kochen, ohne Mango (da ihr die Zeit zum Schälen, entkernen und schneiden ausging während der Kürbis in der Pfanne ankokelte) und mit Reis. Die Hälfte des ungekochten Reises bildet kleine Häufchen auf der Kochplatte verteilt, der nimmt jedes Mal Reißaus wenn sie eine Packung anfaßt. Ich hatte gerade erst die übrigen Reiskörner vom letzten Mal aus den Ritzen gepuhlt. Die Reispackung sitzt derweil auf dem Boden und wartet darauf, daß sie jemand durch die Küche kickt.
???
Das Ergebnis war scheinbar "nice", der Mann hatte gleich probiert (und beim Schöpfen wie immer die Herdplatte verkleckert). Da sie sämtliche Pfannen, Töpfe, Schüsseln und Utensilien verwendet hatte, konnte ich nur Zeug in den Backofen schieben - mit Salat dazu...bis der Junge nach Pizza fragte, von der Pizzeria. Er ist der genügsamste Corontänen-Mitbewohner, fragt seltenst nach etwas, geht oft zwei Wochen nicht aus dem Haus - daher riefen wir den Lieferdienst an.
Nachdem ich in der Arbeit die Überstunden der nächsten zwei Monate geloggt und berechnet hatte für alle Kollegen war mir ohnehin nicht nach großer Kochaktion. Langsam wird es zäh, sich jeden Tag wieder auf diese eigenartigen Zustände einzustellen...und die Chefin denkt darüber nach, ob sie sich über Familien beschweren solle - muß das sein? Alles in allem zuviel Beschweren dieser Tage!  Ich muß mich aufraffen, jemand muß den gesunden Menschenverstand bewahren inmitten all des Hüttenkollers. Es wird uns mehr als genug Schwachsinn aufgetischt tagtäglich über diese Zustände - nun stellte sich heraus daß sie in Westminster nicht nur Handschuhe als zwei Stück Schutzkleidung zählen (= ein linker und ein rechter!), sie tun dasselbe mit den Tests (in den Rachen und in die Nase! Ganz klar zwei Tests!).
Da fällt einem bald nichts mehr ein.


Zwei der vier Katzen des Nachbarn rechts. Wir haben einen Kitty-Garten.

Samstag, weiterhin stürmisch, 11 Grad und strömender Regen. Ich setze mich in Berlin zum Kaffee dazu - selbst angemischt, bislang. 

2 comments:

  1. Das hört sich wirklich schon ein bisschen nach Hüttenkoller an.
    Ja, das Testen ist wichtig. Allerdings wird damit ja nur der Ist-Zustand getestet und wirkt nicht prophylaktisch gegen die Ansteckung.
    Ich wünsche Dir ein möglichst entspanntes Wochenende
    Liebe Grüße
    Andrea

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  2. Oh je, das hört sich nicht wirklich entspannt an, kann es ja auch nicht sein bei den Zahlen. Aha, so ist das also mit dem Test! Was macht man ohne Mandeln? Noch tiefer gründeln? Da hebt sich mir schon beim Gedanken der Magen.
    Lass dich nicht unterkriegen!
    Astrid

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