Saturday, 9 May 2020

The week that was




Samstag, sonnig, 14 Grad. Die Schwiegermutter hatte uns am Abend zuvor mit Aufträgen eingedeckt für Supermärkte, Apotheken und Eisenwarenhändler. Und den Besuch des Tochterkindes erbeten, weil sie "persönliche Dinge" brauchte, die sie ihrem Sohn nicht mitteilen wollte. Fair enough. 
Die Bewohner in der Arbeit hatten derweil den Ratschlag unseres Housing Officers bekommen die Polizei zu rufen, wenn der Nachbar wieder den Nachmittag über die ganze Familie im Planschbecken versammle auf eine (oder drei) Flasche Bier, obwohl seine Frau zu den Hochgefährdeten gehört, hausgebunden ist und Sauerstoff braucht. Mit einem Kind anwesend. Kinder dürfen unsere Einrichtung nicht mehr betreten und alle Familien halten sich daran, sie stehen auf dem Parkplatz oder im Garten und sprechen mit ihrer Grannie am Fenster. Nur diese eine Familie hält sich für exempt, die Enkelin bringt ständig die Urenkelin vorbei zum Babysitten und am Wochenende auch den Freund noch dazu - da sie in einem der Bungalows wohnen sehen sie das scheinbar anders, aber unsere Schwestereinrichtung vor Ort hat einen bestätigten Fall in einem ihrer Bungalows - was wir kontrollieren ist Covid-frei, daher der Rat des HO.
Sonntag, sonnig, windige 15 Grad und daher gefühlt kälter. Ich hatte all die monatlichen Checks und Tests zu erledigen, die Inventur der Chemikalien abzuhaken und Rechnungen auszustellen. Zwischendurch waren die Waschmaschinen und Wäschetrockner zu desinfizieren nach jeder Benutzung. Nebst Wasserhähnen, Seifenspender und Stuhl - manche sitzen eben doch dort und warten auf ihre Wäsche. Einige Bewohner waren mutig und saßen eine Weile im Garten, eine Dame jätete gar die Beete (80 und kein Bißchen langsamer). Zu Mittag gab's Julies Rinderbraten und sie weiß es nicht, aber die Soße die sie dafür angerührt hatte schmeckte nach Sauerbraten...:D Ich gehöre ja zu den Menschen, die den Braten ohne weiteres stehenlassen können - aber die Soße...zum Glück waren jede Menge Möhren übrig, die in der Soße geschmort wurden. Lecker.
Ich stellte auch fest daß die Chefin eine gehörige Portion Eitelkeit ihr eigen nennt - sie hat uns fotografiert für eine Aktion, die scheinbar unserer Moral guttun solle und "fun" sei...eh!...das entlockt meist nur ein gequältes Lächeln, all dieses "fun"-Zeug. Auf alle Fälle hatte sie ihr eigenes Foto daheim nochmal knipsen lassen, damit sie sich richtig seitlich zur Kamera drehen konnte - auf daß es schmeichelhafter aussehe...  



Montag, wechselhaft, 12 Grad. Eine Karte fiel durch den Briefschlitz in der Tür, von unserem Postboten. Sie konnten etwas nicht zustellen, weil dafür nun Zoll bezahlt werden müsse...plus einer Bearbeitungsgebühr ihrerseits. Ich könne das online bezahlen, wenn ich ihre Trackernummer eingebe und dann würde es zugestellt. 
Können wir uns bereits denken wie das ging?
Überhaupt nicht! Weder mit der Tracker-, noch mit der Paketnummer. Echt jetzt? Aber im absoluten Notfall (und nur dann!!!, weil social distancing) wäre es im Postdepot abholbar bis 14 Uhr 30. Demnach schnappte frau sich die Maske und machte sich widerwillig auf den Weg.
Die Dame vor mir sah nicht besonders glücklich aus als sie nach 30 Sekunden wieder zu ihrem Auto zurückkehrte - nanu? Also studierte ich die Zettel an der Tür: "Nur eine Person erlaubt", das war okay - "Ab sofort sind wir nur zwischen 7 und 9 Uhr morgens geöffnet." Holla! Hätte mann auch auf der Karte vermerken können! Ich war versucht, mich halb scherzenderweise beim Leiter des Depots zu beschweren - er war der Leiter der Pfadfindergruppe unserer Kinder -, aber Mo hat bestimmt schon genug Gegrummel anzuhören...
Dienstag, sonnig, 14 Grad. Zum Frühstück hörten wir die beinahe vergessenen Klänge der Rasenmäher des Councils. Sie wurden wieder zur Arbeit geschickt, mit zwei Lastern da physical distancing, und eingeschränktem Service, aber immerhin werden dann die Männer wieder voll bezahlt. Wenn wir dafür all die neu sprießenden Wildblumen opfern müssen auf einigen Wiesen können wir das verkraften. Ich nehme diesen Monat ein Minus hin im Gehalt, weil ich dadurch einer Kollegin etwas Extraeinkommen verschaffen kann und sie das braucht. We all have to look out for each other, und der Mann und ich sind voll bezahlt im Gegensatz zu vielen anderen Mitmenschen, wir können das wegstecken. Selbst wenn der Mann versehentlich die doppelte Summe auf das Sparkonto überwies als geplant weil er den button zweimal angetippt hat...that's online banking for you! Brot und Wasser für den restlichen Monat! :D Auch das ist nicht dramatisch, dann schränken wir uns eben etwas ein bevor wir daran denken, das zurück zu überweisen. 
Das zu verzollende Päckchen war übrigens ein Flaschenöffner (!) für den Sohn, während die Karte an mich adressiert war - que??? Mo...???





Mittwoch, sonnig, 18 Grad. Alles war ruhig in der Arbeit bis kurz vor Schichtende, und dann hatten wir wieder einen Herrn, dem das Essen ausging. Zum x-ten Mal in den letzten 6 Wochen kamen die Pfleger und sagten, sein Sohn kaufe ihm einfach nicht genügend ein. Wir hatten das Ende der Geduld erreicht und bestellten ihm fortan eine wöchentliche Lieferung. Das Sozialamt war schon letzte Woche an dem Punkt und beantragte eine Adult Protection Order für ihn. Er hat Familie vor Ort, von der niemand sich imstande fühlt sicherzustellen, daß er genug zu essen hat...obwohl sie alles kontrollieren was ihn betrifft. No more, sagte das Gericht - nun bestimmt der Staatsanwalt. Von seinem Sohn bekämen sie nur eine Ausrede nach der anderen, "Darling" dies und "Darling" das, wie mit uns auch wenn wir ihn anrufen. Von nun an sorgen wir für seine Lebensmittelversorgung, haben ihm eine Putzkraft organisiert, die u.a. Berge an schmutziger Wäsche fand, und der Staatsanwalt hat ein Auge auf seine Finanzen. Basta.
Donnerstag, sonnig, 18 Grad. Ein freier Tag, an dem ich überhaupt nichts getan habe - halt, nicht wahr: Wäscheberge, Recycling, all den üblichen Kram, aber sonst nichts außer einer Schmonzettenserie aus türkischer Produktion über die Zeiten von Sultan Ahmed Khan. Meine Güte, welch ein Schund, aber da sie mittendurch die Schauspielerin des Hauptcharakters wechselten verlor das bald an Unterhaltungswert. Die erste Darstellerin verbrachte die meiste Zeit damit, wie ein trotziges Kleinkind das Gesicht zu verziehen und durch die Landschaft zu stampfen daß es eine Feude war, so schlechtes Schauspielern mitzuverfolgen...nun sah sie auf einmal komplett anders aus, von blond zu brünett, von blauen zu braunen Augen, von oliver zu weißer Haut, andere Stimme - und wo die erste schlecht war, schwang die neue dramatische Reden und war so theatralisch daß es wehtat. Oh well, zur Entschädigung hatte die Pizzeria am Abend etwas Umsatz... 



Freitag, wolkig mit sonnigen Abschnitten, 14 Grad. Nach der Freude mit der schottischen Post hatte ich mehr Freude mit der deutschen, da vier Lieferungen irgendwo verschollen waren. Tracking zeigte drei davon im Postdepot in Hannover an, wo sie seit Ende April "bearbeitet" und auf den Versand "vorbereitet" werden...aha. Was tun? Scheinbar geht gar nichts zur Zeit. Und wo Nr.4 abblieb liegt noch im Dunklen. Die wartet vermutlich auf einen Flug, der noch stattfindet...über Land kann das ja erst noch in der Schweiz oder in Südfrankreich landen, wie bereits gehabt. Ob das im Inland schneller geht ist noch die Frage, denn die Nichte hatte auch Geburtstag - das ist Nr.5. Ansonsten? Arbeit. Bevor ich mich - wie auch bereits gehabt - mit DHL anlege..
In der Arbeit herrschte auch Freude, nun sind zwei Bungalows auf der Liste der Lebensmittellieferungen - einer weil die Dame mit den Schlangen zu kämpfen hat, der andere weil "her indoors" sauer war daß die ganze Familie nicht ins Haus türmen kann und ihm kurzerhand die Essenszustellung untersagte...sie wolle sich beschweren daß wir sie bespitzelten und ihr verbieten würden, was sie in ihrem eigenen Haus tun könne. Fehlte nur noch daß sie mit "Boris sagt", "Meinungsfreiheit" und "Unterdrückung" daherkam. Wir haben die Beschwerde an den housing officer weitergereicht. Der ihr nun schreiben wird, daß die Regierung diese Vorschriften erlassen habe, daß sie andere Menschen (uns inklusive) einem hohen Risiko aussetze und daß das Personal lediglich der gesetzlichen Sorgepflicht nachkommt. 
Und daß sie als Vermieter mit Verantwortung für die Gesundheit aller anderen Bewohner das nächste Mal die Polizei rufen werden, v.a nachdem sich andere Bewohner über sie beschwert haben.
Wir haben sie gefunden, die Vertreterin des "An irgendwas muß ich ja sterben!" und "Das ist meine Sache!"...wenn es andere ansteckt - definitiv nicht. Ende der Diskussion.
Sie wird schon bald herausfinden, wie wütend ihre Töchter sind über ihr Verhalten...der Enkelin haben sie bereits die Leviten gelesen, sie geht nicht mehr ins Haus.




Samstag, wolkig, 18 Grad. Für die "Northern Isles" (Shetland und Orkney) sagen sie winterliche Schauer voraus, bei uns soll es nur bedeckt bleiben. Wie immer das Wetter auch wird, nun ist erstmal Zeit für den Kaffee.



1 comment:

  1. Man merkt, auch bei Euch liegen die Nerven blank! Pass auf dich auf und bleibe gesund.
    Liebe Grüße
    Andrea

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