Samstag, regnerisch. Zum Glúck hatte ich meinem Impuls nicht nachgegeben, die Wásche úber Nacht rauszuhángen...denn die Wetter-App zeigte uns fúr den Samstag heiter bis wolkig an. Unsere trays wurden in die Arbeit geliefert, Behálter aus "recycelbarem Plastik", in die wir einen "Afternoon High Tea" packen werden fúr den Muttertag: 4 Sorten Sandwiches, Patisserie, Sausage Rolls, Mini quiches, Scones mit clotted cream und Erdbeermarmelade und vielleicht auch noch Teebeutel, mal sehen. Wenn schon nichts offen haben wird an Muttertag (hier der 16.3.). Dafúr sollten wir noch etwas die "Werbetrommel" rúhren, aber an diesem Tag waren wir anderweitig gefragt, nachdem der Sohn einer Bewohnerin an Lungenkrebs verstorben war - eine delikate Angelegenheit, da sie an Demenz leidet und das eine Gratwanderung ist: Soll sie es erfahren? Soll sie die Móglichkeit haben, zu seiner Beerdigung zu gehen? Ist es besser sie im Glauben zu belassen dass er lebt? Wie dem auch sei, es war nicht unsere Entscheidung, uns so war ihr anderer Sohn da und teilte es ihr mit. Und ich hangelte mich in einer Grauzone entlang, um zu vermeiden dass unser Notrufdienst den ersten Kontakt anruft im Fall der Fálle (wenn sie sich mitten in der Nacht daran erinnert, z.B.) und seine Witwe nach ihrem verstorbenen Mann fragt, weil dessen Mutter sich nicht beruhigen lasse...
Sonntag, trocken. Anstrengend. So wúrde ich diesen Tag beschreiben. Nachdem die Bewohnerin gestern schon kurz nach dem Besuch vergessen hatte, was ihr Sohn ihr úber seinen Bruder mitteilen musste, erinnerte sie sich heute fast den ganzen Tag immer wieder daran. In Wellen. Und war entsprechend aufgewúhlt und traurig. Zwischen der Arbeit von zwei Personen verbrachte ich auch einen guten Teil des Tages an ihrer Seite...Ich war mit schriftlichem Kram eingedeckt, daher ging "on the floor" nur das absolut Notwendigste. Allein lassen konnte ich sie nicht mit ihren Fragen...wir gehen da ja ohnehin mit dem Fluss dessen, was sie uns entgegenbringt. Ab und an liess sie sich ablenken, aber eben auch nur fúr eine Weile. "Wer ist nochmal gestorben? Warum bin ich so traurig?" Am Samstag schulterten die Kolleginnen etwas davon, aber wenn wir nur zu zweit arbeiten geht das nicht. Ein anderer Bewohner sorgte sich um seinen Enkel, der am Abend zuvor verprúgelt worden war in Glasgow. Glasgow bei Tag ist eine andere Sache als Glasgow bei Nacht. Trotz Lockdown, scheinbar.
Montag, trocken und sonnig, aber kalt. Mein liebstes Wetter, gefroren am Morgen mit wolkenlos hellblauem Himmel und dann sonnig den Tag úber. Die Hitze kónnt ihr behalten! :D Wobei karibische Hitze mit Meeresbrise ertráglich war, muss ich sagen. Wie dem auch sei, ich war in der Arbeit und da gab es zu tun. Wir planen einen Muttertags - "Afternoon High Tea" fúr die Familien, die einen bestellen wollen. Da sind vier Sorten Sandwiches, Mini Quiches, Mini Sausage Rolls, Scones mit Clotted Cream und Erdbeerkonfitúre und Mini Patisserie beinhaltet, und einen Teil dessen musste ich bei unseren Lieferanten bestellen. Die hatten einen Karton mit 63 Clotted Creams fúr uns beiseite gelegt...unserer Schwestereinrichtung habe ich das Poster rúbergescannt, das ich zwischendurch entworfen hatte - die Managerin dort wollte das auch aushángen fúr ihre Bewohner.
Mittlerweile war die brasilianische Mutation von Covid in Schottland angekommen, ein Mini-Cluster in Aberdeenshire, nachdem die Englánder sich damit blamiert hatten dass dieser Virustráger ungehindert nach London fliegen konnte und dort einfach den Flughafen verliess, weil er/sie den Test nicht richtig registriert hat. Und sie ihn nun nicht mehr finden kónnen...weil ihr "track & trace" noch nie funktioniert hat (kostete ja nur £22 Milliarden). All diese harterkámpfte Brexit-Souveránitát, úber die sie so ekstatisch sind - und dann geht die Virenschleuder einfach an ihnen vorbei. Peinlich. Und vielleicht tódlich fúr Nichtsahnende.
Meanwhile in Scotland: 3 nun infizierte Mit-Passagiere aufgespúrt und samt Familien in Selbst-Isolation.
Dienstag, trocken. Angesichts obiger Neuigkeiten war es gerade recht, dass ich meinen Termin mit der Nadel hatte. Was haben wir im Laufe der Diskussionen gelernt? Einmal, dass es keine so grosse Rolle spielt ob man als Júngerer und Gesúnderer den "Goldstandard" (Pfizer) fúr Hóchstgefáhrdete bekommt oder den "Normalstandard" fúr Júngere und Gesúndere, weil sich das am Ende ausgleicht, wenn die Júngeren weniger hochprozentigen Schutz brauchen als die Álteren: Es levelt sich im Endergebnis. Der Goldstandard ist ja viel hóher als fast jedes andere normale Vakzin und bei der Diphterie-Impfung fragt auch niemand nach der Prozentzahl. Dann begegnet man unter Umstánden nahen Nachbarn in der benachbarten Impfstation, von denen man bisher nicht wusste dass sie eine unterliegende Erkrankung haben die sie mehr gefáhrdet. Und zu guter Letzt, dass man auch zuviel handsanitizer verwenden kann - meine dritte Schicht in 10 Minuten schálte sich den halben Tag von meinen Hánden...
Nachdem dies mein einziger freier Tag der Woche war (bei mir schliesst eine Arbeitswoche den Samstag und Sonntag mit ein), erlebte ich natúrlich ein weiteres Kapitel des Buches "Der Weg war umsonst", wie hatte ich auch anderes erwartet!? So zog ich gedankenlos mit meiner Tasche los, um ein Geburtstagspáckchen zur Post zu tragen. Sámtliche Postámter im stádtischen Umkreis spáter musste ich das wieder heimtragen, weil sie genau an diesem Tag alle zu waren, wegen "essentieller Massnahmen"...immerhin liess mir das Zeit dem Mann daheim mitzuteilen, dass ich in dieser Kúche nicht kochen wúrde, weil ich mich dort nicht umdrehen kónne (siehe 12 in 12, das ist nun scheinbar ein wiederkehrendes Ereignis jedes Wochenende) - und siehe da...
Mittwoch, trocken und kalt. Arbeit. Lateral flow Test, negativ. Im Laufe des Tages fing ich an zu frieren, weil die Immunreaktion anlief. Ich sass in meiner Winterjacke herum. Familien fragten mich, warum ich nicht die Heizung aufdrehe wie die Chefin, sie arbeite in einer regelrechten Sauna. Stimmt, aber ich wúrde schon gern noch atmen kónnen...es ging alles etwas langsamer voran an diesem Tag. Das Gebáude amúsierte uns mit sekundenlangen Stromausfállen, gerade genug dass alle Feuertúren zu waren. Und daheim verschwand ich postwendend ins Bett und schlief 13 Stunden. Out for the count.
Donnerstag, regnerisch und kalt. Es wurde wieder kálter statt wármer, von Tag zu Tag ein Bisschen ekliger. Wundervoll. In der Nacht rutschten wir in die Minusgrade und die Streufahrzeuge waren unterwegs. Ich war frúh in der Arbeit, nachdem ich den Bus nahm: Der Mann hatte "Prásenztag" in seiner Arbeit, daher nahm ich die Óffentlichen. Sollen wir ja vermeiden soviel es geht. Dieser Bus war erstaunlich dreckig...scheren sie sich nun nicht mehr darum? Da nur zwei Passagiere mitfuhren? Dabei hátten sie doch jetzt Zeit die zu putzen. Kollegin Nr.2 war in der Kúche, und irgendwie hatte sie einen schiefgewickelten Tag - so gingen uns die Kartoffeln aus, die sie gar nicht hátte kochen sollen, die Dumplings fúr das Hack gingen nicht richtig auf, die Suppe fiel vom Herd und die Springerkraft warf den Lemon curd weg, den sie mit heimnehmen wollte...die Springerkraft sagte auch zu ihr, sie habe einen Mittags-Teller zuviel bereitgestellt, den bráuchte sie nicht - von wegen! Wir mussten einem Bewohner die Reste zusammensuchen, als sie in den oberen Stockwerken auslieferte, damit er etwas zu essen bekam! Weil sie fúr ihn keinen Aufkleber geschrieben hatte, das war nicht der Fehler meiner Kollegin. Das beobachte ich des Ófteren an dieser Springerkraft, sie úbernimmt gerne die "Fúhrung", weiss aber nicht immer was sie tut...Kollegin Nr.2 hat jetzt gelernt, nicht darauf zu vertrauen. Von unserem jungen Koch halten wir sie mittlerweile fern.
Freitag, kalt! Ich hatte die ganze Nacht Kopfschmerzen, das hatten sie mir bei der Impfung als móglich angekúndigt. Bei mir schlágt sowas durch, weil ich sonst Pillen usw. eher meide. Der Mann hatte jedenfalls Glúck, dass er nicht Mitt-Schnarcher ein Kopfkissen auf dem Gesicht hatte...stattdessen sass ich am Esstisch und inhalierte Schmerztabletten am frúhen Morgen. In der Arbeit wechselte heute die Besetzung in der Kúche und "on the floor", zwei weitere Covidtests, negativ. Wir hatten nicht funktionierende Codes der Eingangstúr, fúr deren Reprogrammierung niemand auftauchte, eine Bewohnerin zum check up im Krankenhaus, nachdem ihre Hánde taub wurden, und ein Rotkehlchen mit scheuem Begleiter, das mutig ganz dicht an uns heranhúpfte in der Hoffnung, dass wir auch heute wieder krúmeln...
Auf der Heimfahrt nach Schichtende berichtete der Mann, dass jemand fúr mich angerufen habe - der konservative Kandidat fúr die Wahlen zum schottischen Parlament.
*sharp intake of breath*
Wie schade dass ich ihn verpasst habe - er hátte bestimmt gerne ganz direkt erfahren, wie ich als EU-Búrgerin ihren "fantastischen deal" und ihren "gelungenen Brexit" beurteile...und wenn ich bedenke dass er mich nur anrufen konnte, weil fúr EU-Búrger mit Settled Status neues Datenschutzrecht nicht gilt....
Er hat keine Ahnung, was ihm entging.
Die Komission, die in Zukunft unsere "Rechte" hier úberwachen soll, hat eine Umfrage im Umlauf unter EU-Búrgern darúber, wie sie ihre Lage sehen. Haben wir das Gefúhl, dass unsere Rechte gesichert seien? - Nein.
Warum? - Weil dieser UK-Regierung nicht zu trauen ist, und ihr Home Secretary dafúr lebt, anderer Leute Leben miserabel zu machen. Meine offizielle Antwort. Selbige hat nun aussergerichtlich verhandelt, dass der Beamte, den sie zur Túr hinausgemobbt hatte, finanzielle Entschádigung bekommt damit er den Mund hált.
Bevor ich herausfinde, was mich heute in der Arbeit erwartet, trinke ich noch meinen Kaffee mit Andrea.
Vielleicht hat der Kandidat Glück und ruft nochmal an? Hier werden nun Selbsttests zum gefragten Gut und sind binnen Minuten ausverkauft. Auch so eine Schlange, in die ich mich gerade nicht einreihen möchte...
ReplyDeleteBei deinem Stress ist es aber kein Wunder, wenn Dein Körper nach 13 Stunden Schlaf verlangt!
Liebe Grüße
andrea
Gut, dass du geimpft worden bist! Allen Mitglieder der Familie im medizinisch- pflegerischen Bereuch sind jetzt das erste Mal geimpft. Dafür dürfen die Hochrisikopatienten warten. Nachdem dem Onkologen der Schwester aufgefallen war, dass sie jeglichen Impschutz durch die Therapie verloren hat, bekam sie erst einmal Diphterie-Tetanus-Polio. Besser als gar nichts, ist aber momentan auf den Spazierwegen nicht so im Angebot.
ReplyDeleteFurchtbar, der Dame mit der Demenz. Berührt hat mich die Frage, warum sie so traurig sei. Im Falle meiner Freundin, die ihren Mann wg. Covid verloren hat, haben sie der Mutter (94) erst einmal auch nichts gesagt. Ist nicht gut. Jetzt ist sie auch tot, gebrochenes Herz oder so.
Du bistvwenigstens diejenige, die noch an den Brexit denkt. Ansonsten macht Corona den ja unsichtbar.
Hoffentlich geht es dir wieder besser.alles Gute!
Astrid
Erstmal alles Gute! Du hast wirklich keinen leichten Job. Dieses Brexittheater geht mir sowas von auf die Nerven. Wenn was schief läuft, liegt das natürlich an der bösen EU. Schade, dass du nicht selbst am Telefon warst. Oder vielleicht auch besser so.
ReplyDeleteGute Nerven und starke Gesundheit wünsche ich dir.
Magdalena