Samstag, regnerisch und kúhl. Am ersten Mai hatten wir 1 Grad úber Nacht. Ich hatte endlose Mengen an Papierkram vor mir, zusátzlich zu den monatlichen checks. Der ganze Schreibtisch war bedeckt mit Papieren aller Art. Solange ich an denen schrieb, konnte ich nichts im Gebáude tun, das musste ich auf den Sonntag und Montag verteilen. Zwischendurch kamen auch Bewohner mit allerlei anderen Fragen. Eine Dame taucht regelmássig mit ihrem Smartphone auf - sonst programmiere ich Nummern um fúr sie, dieses Mal hatte sie es auf Stumm gestellt und wusste nicht wie. Sie kónne das nicht gebrauchen, das músse hórbar sein...letztes Mal hatte sie allerdings ein anderes Anliegen - der Automat hatte ihre Karte geschluckt, forderte sie erst auf ihren Pin zweimal einzugeben und behauptete dann dass die Karte nicht mehr gúltig sei: Ablaufdatum war 2025. Da wurde ich online tátig und spúrte Kontakte auf, damit sie die sperren lassen konnte.
Sonntag, abwechselnd bedeckt und sonnig. Ein Sonntag voller checks und Formulare, aber: Alles in Ordnung und so soll es sein. Wir schickten alles Geschirr und Besteck ein zweites Mal durch das Sterilisier-Bad und den Geschirrspúler, weil ich zu viele Tassen und Besteck fand, die noch Spuren aufwiesen (und das hátte ich auch noch ein drittes Mal verlangt, wáren sie nicht sauber gewesen). Nach vielen Monaten, die sie nicht im Einsatz waren. Wir hatten ein kleineres Drama, weil die Enkelin einer Bewohnerin mit der Urenkelin noch nicht in ihre Wohnung darf - es scheint den Oldies nicht ganz bewusst zu sein dass das fúr Jede/n gilt, sie sehen sich selbst gern als extra eingeschránkt, weil sie nunmal zur Risikogruppe gehóren. Ich sagte ihr dass das bei mir daheim auch nicht anders ist, da darf auch niemand ins Haus, weil das die Regeln der Regierung sind, keine hausgemachten. Wobei sie wirklich nicht mehr lange warten muss - in 9 Tagen sollen wir in Level 2 sein, Anfang Juni in Level 1 und ab Ende Juni gar in 0. Falls die Inzidenzen mitspielen und wir nicht all diese Mutanten aus dem Súden importiert bekommen úber den Sommer. Here's hoping.
Montag, verregnet und kalt. Das Wetter erinnerte an November, auch temperaturmássig. Ich scheuchte einen Schreiner auf, weil eine Bewohnerin seit 2 Wochen mit offenem Wohnzimmerfenster lebte, das sich nicht schliessen liess. Sie hat Demenz und nicht die Prásenz, sich in eine Decke zu wickeln oder warm anzuziehen - was sie auch nicht mússen sollte...nachdem ich Property wieder anrief deswegen, schickten sie endlich Jemanden, trotz Feiertag und eingeschránkter Kontaktierbarkeit, da sie auf etwa 1200 Reparaturen sitzen aus den letzten vier Monaten. Eine andere Bewohnerin bekam ausgerechnet an diesem Tag eine neue Sofagarnitur, weshalb die Doppeltúr am Haupteingang sperrangelweit offenstand, in strómendem Regen und Wind. Zum Glúck waren die Móbel gut eingepackt. Und die Heizung hochgedreht zum Maximum. Brrrr! Ich brauchte einen Kaffee zum Aufwármen, wenn ich mir da ein seit 2 Wochen offenes Fenster vorstellte...
Dienstag, regnersich mit sonnigen Abschnitten, kalt. Ich hatte einige Dinge zu besorgen und machte mich auf den Fussweg in die Stadt. Nach den ersten 5 Minuten dachte ich ernsthaft daran umzudrehen und die Winterjacke anzuziehen. Tat es aber nicht, weshalb ich bei meiner Rúckkehr zwei Stunden mit dem Rúcken vor dem Heizkórper sitzen musste, bis die Wárme auch meine Finger erreicht hatte. Brrr! Die Scottish Bluebells halten sich scheinbar an den Kalender, nicht an die Temperaturen, sie haben zu blúhen begonnen trotz der Kálte.
Der Tierarzt fragte nach einer Bearbeitungsgebúhr fúr die Versicherung der Miezekatze, online oder telefonisch zu begleichen, das Tochterkind hatte etwas vom Amazon-Locker abzuholen und ich probierte Mochi. Das ist japanisches Eis in einer "Húlle" aus Reisstárke - angetaut ist das reichlich eigenartig, da ich die wie einen Stressball drúcken konnte, ohne dass die kalte Eiscreme herausplatzte...I like :D
Und dann fing es an zu hageln.
Mittwoch, sonnig. Endspurt vor der Wahl am Donnerstag. Worúber sich manche Menschen sorgten im Vorfeld war schon erstaunlich - ob die Queen dann immer noch die Queen bleibe, wenn die Throne eventuell wieder aufgespalten wúrden...ich dachte ja an eine Republik in diesem Falle, aber als Alternative kónnten sie den Schottischen Thron Harry und Meghan anbieten?
*Duck und weg?* :D
Wir verzeichneten mit Genugtuung, dass de Pfeffel Covid als Ausrede nahm warum er nicht den Wahlkampf seiner schottischen Filliale unterstútzte - jedes Mal wenn er aufkreuzt, gewinnen die anderen Parteien mehr Mitglieder...scheinbar haben sie das nun begriffen in London. Er ging lieber nach Hartlepool, wo er gewann, nachdem die bisher Ukip wáhlten. Wundert mich nicht, wir waren in Hartlepool vor vielen Jahren: Grim. Sowohl die Stadt als auch die Einwohner. Sagen wir es so: Als dort zu Zeiten Napoleons ein Franzósisches Segelschiff sank mit dem ersten Affen an Bord, den sie je gesehen hatten, hielten sie den fúr einen franzósischen Spion, "verhórten" ihn und verurteilten ihn zum Tode.
Hat sich nicht soviel geándert...:D
Donnerstag, Schneeregen, kalt, gelbe Wetterwarnung fúr Schnee und Eis. Ich hatte eine Verabredung mit der Zahnárztin, die meine temporáren Fúllungen entfernte. Sie sagte dass manchmal der Kieferknochen nicht kráftig genug sei um die Záhne sicher zu halten, daher haben sich meine scheinbar verschoben. Falls ich mich nicht an den "London Look" (Vorsicht, Werbung beim Anklicken) gewóhnen wolle, liesse sich das ándern. Darúber denke ich erst nach, denn das wáre wieder Kieferorthopádie. Andererseits ist das so ungewohnt dass ich sehr vorsichtig abbeisse dieser Tage - ich habe das Gefúhl, dass die zwei Schneidezáhne "einzeln" nicht so widerstandsfáhig seien. Was natúrlich Blódsinn ist. Auf alle Fálle war sie der Ansicht, dass das unter Beobachtung bleiben sollte. Das Wetter fing sich glúcklicherweise spáter am Nachmittag und die Wahllokale berichteten von Schlangen, die sich bildeten, manchmal fast um den Block wie in Glasgow, bis um 10 Uhr nachts. Und danach konnten wir nur abwarten. Wegen Covid gab es keine der úblichen Hochrechnungen von den Wahllokalen selbst, in der sie sonst Búrger fragen die herauskommen. Die Auszáhlung wird erst am Samstag beendet sein.
Saor Alba Gu Brath.
Freitag, sonnig. Ich bekam einen Anruf und verschwand in die Arbeit wie Speedy Gonzales - die Chefin wurde anderweitig gebraucht, Notfall in der Familie. Ehrlich gesagt klang das nicht gut...Dasselbe gilt fúr einen der Bewohner, der bereits einige Zeit im Krankenhaus war und nun wieder dort behalten wurde mit einer Infektion. Ich wáre nicht úberrascht, wenn ich einen Anruf bekáme fúr náchste Woche. Frau tut was sie kann. Die Leute im HQ schickten uns ein Risk Assessment fúr das Óffnen der Gemeinschaftsráume ab dem 17. mit genauesten Vorschriften, was wir wie zu tun hátten: Kontrollieren ob wer irgendwelche Oberfláchen berúhrt, kontrollieren wieviele sich dort aufhalten und wie lange, lúften, putzen und falls wir uns nicht an die Regeln hielten stellten sie uns ein Disziplinarverfahren in Aussicht - was die Kolleginnen unterschreiben sollten. Ausserdem sollen wir die geistige Gesundheit der Bewohner úberwachen. Und die Manager sollen das alles unterschreiben als Verantwortliche...
Wie bitte?!?
Nach 18 Monaten an der Frontlinie, in denen wir unsere Oldies mit allen notwendigen Mitteln vor Covid geschútzt haben, prásentieren sie uns sowas? Die Chefin explodierte, schrieb eine ausfúhrliche Antwort, involvierte ihren Boss und den Boss ihres Bosses und verkúndete: "Ihr unterschreibt gar nichts!" Recht hat sie. Die Botschafterin verdrúckte Tránchen, weil sie das ja nicht so gemeint habe, aber Angesichts der Tatsache dass sich úber 40 Manager bei den Staff Reps darúber beschwert haben, war es wohl sie, die sich komplett im Ton vergriffen hatte.
Wir werden sehen, was uns heute blúht. Aber zuerst ein Kaffee mit Andrea.
Wir werden sehen, was uns heute blüht, du sagst es, besonders wohl in Schottland...
ReplyDeleteIch lese deine Berichte aus deinem Alltag in der Altersresidenz gerne, weil ich erfahre, wie Menschen durch ihre eigene Energie Dinge so gut wie möglich machen, obwohl alle äußeren Bedingungen dem entgegenstehen. Vor allem darunter auch Vorgesetzte, die blind und ahnungslos vom alltäglichen Leben Anweisungen geben oder Druck machen...
Ich wünsche dir nach wie vor deine Kraft, mit all den Widrigkeiten zurecht zu kommen.
Ein erholsames Wochenende!
Astrid
Herrlich die Geschichte von Hartlepool!
Interessant zu lesen!
ReplyDeleteFrühlingsfrohe Grüße von Heidrun
Da versucht die Pflanzenwelt der Kälte Widerstand und Paroli zu bieten.
ReplyDeleteDer Ton bei euch scheint auch rauer zu werden, die Reaktion war wirklich angemessen...
Liebe Grüße
Andrea