
Samstag, sonnig, 16 Grad. Hochsommer in Island. Sie haetten sich keinen besseren Tag wuenschen koennen fuer die Riesenparty, die sie hielten. Die Innenstadt von Reykjavik abgesperrt, die Strassen gesaeumt von Menschen, viele in extravaganten Outfits mit Glitzer und Regenboegen. Der Zug begann vor der Hallgrimskirkja, die Regenbogenstrasse entlang bis vor das Parlamentsgebaeude. Wir kamen gar nicht weit, weil die Strassen von Menschen blockiert waren. Der Mann bestaunte ein junges Elternpaar mit Kinderwagen. Mutter und Kind sahen "normal" aus, der Vater dagegen schritt in langem rotem Mantel und schwarzen Stiefeln an uns vorueber wie Loki auf einer Mission, in diesem Catwalk-Gang mit seinen weissblonden Haaren in einem schulterlangen Bob. 😄 Die Reykjavik Pride Parade erinnerte mich total an den Schull un Veedelszoech mit verschiedenen dekorierten Lastern, die Gruppen transportieren mit unterschiedlichen "Farben" des Regenbogens. Eine Gruppe tanzte Samba mit farbigem Kopfschmuck, eine andere praesentierte riesige bunte Schmetterlingsfluegel, wieder eine andere imitierte einen Vulkan auf einem Tieflader. Das Ganze ist eine offizielle Party mit anschliessendem Livekonzert rund um das Parlament. Wir hoerten uns einen Elton John tribute act an, der wirklich gut war, gefolgt von gay anthems der Diven, allen voran natuerlich "I am what I am, and what I am needs no excuses"...unterschreiben wir voll und ganz. So nebenbei fragte ich mich fluechtig, was all die konservativen Amis wohl davon hielten, die von drei verschiedenen Kreuzfahrtschiffen abgeladen wurden fuer den Tag - eine rief "Oh my dear Lord" als sie die Fahnen sah. Keinen kuemmerte es, Reykjavik feierte.
Sonntag, leicht bewoelkt, spaeter sonnig und fast windstill (!), 17 Grad. Auf dem Meer sah das natuerlich anders aus, da blies es z.T. ordentlich. Wir schipperten auf der "Andrea" (gutes Omen?) in die groesste Bucht Islands, die nur etwa 30m tief ist - weshalb das Plankton und damit die Fische dicht an der Oberflaeche schwimmen, nach oben gewirbelt vom Zusammentreffen arktischen Kaltwassers mit dem warmen Golfstrom. Und da die Fische dicht an der Oberflaeche schwimmen tun es auch die, deren Nahrung sie werden. Wir sahen zwei sehr scheue Minkwale. Und weiter draussen, angekuendigt von Vogelschwaermen und ihrem "blow", mehrere Buckelwale. Unser Guide war hin und weg, wir sahen ihnen eine gute Stunde beim Jagen zu und sahen ihre "Blasentechnik", mit der sie einen Fischschwarm umzingeln und dann mit offenem Maul von unten durchtauchen. Das taten frueher scheinbar nur die Buckelwale in Alaska. Nun lernten die Islaendischen Cousins diese Technik. Wie besonders dieses Spektakel war zeigte sich an Guide Daniels Reaktion: Er tut das zigmal pro Woche, aber diese Tour schaffte es in seine Top 5...zweimal tauchten die Wale direkt neben dem Boot auf. Die Sonne roestete uns, es war ein glorreiches Wetter trotz Wind und die Buckelwale gaben uns jede Gelegenheit sie zu beobachten. Die Karten waren jede Krona wert. Wir nahmen auf der Heimfahrt ein Eis mit, schliesslich war Hochsommerwetter 😄 Und weil wir im Land der Gegensaetze Kontraste lieben, buchten wir Karten fuer ein anderes Spektakel, das atmungsaktive Kleidung und ein eisgekuehltes Getraenk verlangte...
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| Fotograf: Daniel von specialtours.is |
Montag, sonnig, spaeter Nieselregen, 15 Grad. Der Morgen diente zur Erholung meines Knies, da ich mir am Vortag an Deck eines schwankenden Bootes vorkam wie frueher der Hund im Kofferraum - und auf das rechte Knie ist ohnehin kein Verlass...meine Beine fuehlten sich eine Weile an wie Blei. Mittags fuhren wir dann nach Reykjavik zu unserer Verabredung mit geschmolzener Basaltlava. In der Lava-Show zeigten sie erst ein Video ueber die schwerwiegendsten Vulkanausbrueche auf Island seit dem Jahr 800. Katla beispielsweise erweiterte die Landmasse um 4km ins Meer...der schwarze Sand in Vik ist Basalt Defra, von Katla dort deponiert. Und genau diesen schwarzen Sand fliegen sie ein und schmelzen ihn zu neuer Lava. Mit den zwei Ausbruechen auf der Reykjanes Peninsula nach 6000 Jahren Ruhe wird ein Ausbruch nahe Reykjavik nach 5000 Jahren wahrscheinlicher. Der Vulkanologe zeigte uns den Abkuehlungsprozess, in dem die Aussenschicht wie Glas glaenzt und bricht. Daraus wird Obsidian. Wenn das laenger abkuehlt und die Kristalle groesser werden und zu Stein aushaerten entstehen Basaltsaeulen. Warm war es kurzmal, als die Lava reinfloss 😄 Wir bekamen Schutzbrillen. So nahe kommt man sonst nicht an fluessige Lava ran. Diese hatte noch rund 1100 Grad, aber er kuehlte sie rapide ab ueber einem Eisblock. Ich brauchte danach einen Kaffee an der Bar, weil ich sonst eingeschlafen waere. Nicht aus Langeweile, nein - der Vortag (oder die Vorwoche?) machten sich nun bemerkbar. Ich sammelte meine Siebensachen im Auto ein und packte schonmal weg, was ich nicht mehr brauchte. Spart Zeit.
Dienstag, regnerisch, 11 Grad. Es war der 12. und damit 12 in 12. Wir waren in Reykjavik im Hafenviertel und anschliessend etwas spazieren in der Stadt.

Mittwoch, sonnig, 14 Grad. Das Wetter zeigte sich wirklich von seiner besten Seite und ein islaendischer Fotograf sagte, dass es nun wieder dunkel genug werde um die Aurora zu sehen. Zwei Naechte blieben uns noch und das waere natuerlich das Tuepfelchen auf dem "i" 😄 Wir hatten bereits so unverschaemtes Glueck mit den Buckelwalen dass ich das gar nicht erwartete. Wie immer zogen wir gen Mittag los nach Reykjavik. Nachdem wir den Teich rund um die City Hall und die Kathedrale am Vortag bereits gesehen hatten, hielten wir uns an diesem Tag in Laugavegur auf - wir gingen die Strasse hinauf, sassen vor Hellgrimskirkja in der Sonne und gingen dann die Regenbogenstrasse wieder hinunter. In Laugavegur assen wir im Sweet Shop, einem Cafe. Mein Lachs kam auf einer Bubble-Waffel. Waere das ein Bagel gewesen haette ich den nicht ganz geschafft. Obwohl die Waffel groesser war hat die wesentlich weniger Substanz, da die Teigblasen innen hohl sind. Das war wie auf Luft zu kauen 😂 Den Mann verlangte es danach nach einem Eis, das wir uns in Valdi's holten - ebenso pastellfarben wie der Sweet Shop und das Babalu. Wir klapperten alles Regenbogenfarbene ab. Eine Kanadierin fand es lustig und bezeichnend, dass die Regenbogenstrasse genau auf Hallgrimskirkja zulaeuft, die am Ende der Strasse zu sehen ist - die Kirche sei grau und monoton, hier unten auf der Strasse herrsche das bunte Leben...Ich traf zwei der Katzen von Reykjavik, die ich bereits in Vlogs gesehen hatte. Nach drei Tagen zu Fuss bergauf und bergab beschwerten sich beide Knie und die Huefte, ich musste Extra-Schmerzmittel einwerfen abends.
Donnerstag, wechselhaft mit sonnigen Abschnitten, 13 Grad. Der Mann wollte an der Suedkueste entlangfahren, daher gingen wir frueh aus dem Haus. Der erste Teil der Strecke war die alternative Route nach Grindavik, da die andere an der Blauen Lagune entlang nur mit Erlaubnis der Polizei befahren werden darf aufgrund der nach wie vor heissen Lava unter der abgekuehlten Kruste und seismischer Aktivitaet rund um die Eruptionszone. Wir kamen einem aktiven Vulkan so nahe wie ohne Querfeldein-Hike moeglich. Und es sah aus wie die dunkle Seite des Mondes...Der erste Halt war ein See mittendrin, gefolgt von einem Gebiet geothermaler Aktivitaet, dieses Mal war es kochender Schlamm. Der roch staerker als die Geysire. An der Kueste fuhren wir an kilometerlangen Duenen aus schwarzem Sand entlang, das ist derselbe Basalt Defra wie in Vik aus dem sie Lava schmelzen. Links und rechts riesige Lavafelder, dick mit Flechten bewachsen. Der Ausbruch muss kolossal gewesen sein. Stellenweise konnten man noch sehen, wo die Lava um die Felsen oder ueber den Rand der Berge geflossen war, wenn auch seit Langem zu Stein erstarrt. In Selfoss assen wir zu Mittag, neben dem riesigen milchig-gruenen Fluss, dessen Nahmen ich erkunden muss. Der Mann fragte, was wir mit dem Rest des Nachmittags anfangen sollten, da es erst 12 war. Einen Punkt hatte ich noch auf der Liste: Auf einem Vulkan zu stehen. Wir fuhren ein Stueck des Golden Circles entlang , dort liegt Kerid, ein Vulkankrater mit einem eingeschlossenen See in der Caldera. Ich ging etwas am Kraterrand entlang, der Mann umrundete ihn. Dafuer war mir der Untergrund zu uneben, aber da ich in der vorigen Woche mit schmerzenden Knien ganz darauf verzichten musste war das schon ein Bonus. Ich traf einen Rentner aus den USA, der keine Ahnung hatte wo er war und mich ausfragte, was denn besonders sei an diesem Ort. Nach der Erklaerung brachte er dann seine Frau an den Kraterrand zum Schauen - bless. 😂 Nach zwei Wochen hier blende ich offenbar nahtlos ins Geschehen, eine Islaenderin fragte mich ohne zu zoegern etwas im Supermarkt - auf Islaendisch...

Freitag, wechselhaft, 11 Grad. Abreisetag, ich packte fuer den Heimflug. Es ging um 6 Uhr 30 bereits in Richtung Keflavik. Der Internationale Flughafen liegt eine Stunde ausserhalb Reykjaviks. Ich wurde wieder durch den Flughafen geschoben. Diese junge Dame klang leicht genervt wenn sie andere Passagiere bat Platz zu machen. Eine Gruppe Amerikaner vor einem der Aufzúge bekam das zu spúren :D Der Flug rattelte ein Bisschen, ich sah mir eine islándische Komódie Namens "Odd Fish" an, in der ein alter Seebár damit konfrontiert wird dass sein bester Freund und Skipper sich nach 50 Jahren als Transfrau outet und plótzlich in Kleidern und mit Makeup vor ihm steht. Wie wir festgestellt haben ist Reykjavik da ja sehr offen und nimmt das locker, aber im Westen Islands in Dórfern mit einigen Hundert Einwohnern ist das erstmal eine Umstellung. Diesen Film konnte ich fast in seiner Gánze anschauen, trotz Durchsagen die ihn unterbrachen. Auf dem Hinflug fehlte das Ende. Wir flogen úber Loch Lomond im Landeanflug auf Glasgow. Dort brachte mich einer der Angestellten bis zum Shuttlebus mit dem Rollstuhl. In Glasgow schien die Sonne, 23 Grad, wie die ganzen zwei Wochen die wir weg waren. Wir schmiedeten Pláne fúr das Wochenende, weil der Absturz in den Alltag nach Island sonst zu krass wáre. Ich hatte etwa 6500 Fotos hochzuladen und zu bearbeiten...
Nach dem Kaffee fange ich damit an, bevor wir mein Medikament abholen gehen.
Schön zu lesen, wie da ein kleines Ländchen feiert und zwar Vielfalt.. Beneidenswert auch deine Begegnung mit den Walen. Wusstest du, dass Buckelwale eingreifen, wenn Orcas Seehunde u.ä. jagen eingreifen und so verhindern, dass diese Beute werden? Das habe ich grade mit Erstaunen zur Kenntnis genommen.
ReplyDeleteIch wünsche dir ein gutes Einleben zu Hause und vor allem fürs Knie ein bisschen Erholung. Du bist tapfer!
GLG
Astrid
Das mit den Fotos kenne ich auch und finde einfach nicht die Muse es endlich zu machen. Deinem Knie wünsche ich baldige Genesung und hoffe, du bist gut wieder zu Hause angekommen.
ReplyDeleteLiebe Grüße
Andrea